Geschichte des Automobils

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100 Jahre Automobil: Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost von 1986

Die Geschichte des Automobils im engeren Sinne begann im 19. Jahrhundert; der Begriff leitet sich ab vom griechischen αὐτός autós ‚selbst‘ und lateinischen mobilis ‚beweglich‘ und diente ursprünglich nur zur Unterscheidung von Motorfahrzeugen und Fuhrwerken bzw. Kutschen. In diesem Artikel bezieht er sich auf den in der Alltagssprache gemeinten Personenwagen.

Das Jahr 1886 gilt mit dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 des deutschen Erfinders Carl Benz, der wegweisende technische Verbesserungen aufwies, als das Geburtsjahr des modernen Automobils mit Verbrennungsmotor. Allerdings wurden bereits vorher Dampfwagen, Elektroautos und auch erste, frühere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gebaut.

Mit dem 20. Jahrhundert lösten motorisierte Wagen in nahezu allen Bereichen die von Zugtieren gezogenen Fuhrwerke mehr und mehr ab. In der Geschichte des Automobils gab es mehrfach einen technischen Wandel. So wurden im Jahr 1900 in den Vereinigten Staaten 40 Prozent der Automobile mit Dampf betrieben, 38 Prozent elektrisch, und nur 22 Prozent fuhren mit Benzin. Mitte des 20. Jahrhunderts fuhren weltweit praktisch alle Autos mit einem Verbrennungskraftstoff. Anfang des 21. Jahrhunderts spielen elektrische Antriebe wieder eine zunehmende Rolle.

Altertum und Mittelalter

Die technischen Entwicklungen, die zum heutigen Automobil führten, begannen um 4000 v. Chr. mit der Erfindung des Rads, die unabhängig voneinander in mehreren Kulturen gleichzeitig stattfand. Der Ursprung des Wagens, also der dem heutigen Automobil vorangehenden starren Konstruktion mit Rädern, ist umstritten. Jüngere Forschungen vermuten eine mitteleuropäische Erfindung im Gebiet des heutigen Deutschlands.[1]

Um 400 v. Chr. bewegten mit Muskelkraft betriebene Treträder hellenische Belagerungstürme. 308 v. Chr. wurde der Wagen des Demetrios von Phaleron von Menschen transportiert, die sich im Inneren des Wagens befanden. Auch aus der römischen Geschichte ist ein Wagen bekannt, der innen von Sklaven mit Muskelkraft bewegt wurde (um 200 n. Chr.).

Roger Bacon (* 1214), ein Mönch und Gelehrter des Mittelalters, formulierte erstmals die Idee des sich selbstständig (autonom) fortbewegenden Mobils:

„Eines Tages wird man Karren zu bauen vermögen, die sich bewegen und in Bewegung bleiben, ohne geschoben oder von irgendeinem Tier gezogen zu werden.“[2]

Um 1447 tauchten in Deutschland sogenannte Muskelkraftwagen auf. 1490 zeichnete Leonardo da Vinci eine Art selbstfahrenden Panzerwagen.

17. Jahrhundert

Segelwagen von Simon Stevin, Illustration (1649)

1600 baute der niederländische Mathematiker Simon Stevin einen funktionierenden Segelwagen mit Rädern, der mit Windenergie 30 Personen transportieren konnte.

1649 schaffte der Nürnberger Zeugschmied Hans Hautsch mit einem vierrädrigen mechanischen Wagen möglicherweise den Durchbruch zur Automobilität: Der Wagen fuhr angeblich mit 1,6 km/h von selbst:[3]

„Das also frei geht und bedarf keiner Vorspannung, weder von Pferden noch anders. Und geht solcher Wagen in einer Stund 2000 Schritt; man kann still halten, wenn man will, man kann fortfahren, wenn man will, und ist doch alles von Uhrwerk gemacht.“[4]

1650 kaufte der spätere König Prinz Karl Gustav von Schweden Hautsch das Gefährt für 500 Reichstaler ab und setzte es bei Feierlichkeiten Königin Kristinas zur großen Verblüffung der Anwesenden ein.[5] Von 1650 bis 1660 vermarktete Hautsch mechanische, durch Muskelkraft angetriebene „Prunkwagen“, also scheinbar selbst fahrende Wagen mit prachtvoller Ausstattung.

1673 konstruierte der niederländische Physiker Christiaan Huygens (1629–1695) eine Kolbenmaschine mit Pulverantrieb. Huygens gilt als Vordenker des Verbrennungsmotors und Erfinder des Kolbenmotors, nach dessen Schema auch die meisten heutigen Automotoren arbeiten. Bei Huygens handelte es sich um einen Explosionsmotor, bei dem Schießpulver als Brennstoff eingesetzt wurde.[6]

1678 baute der belgische Jesuitenpater Ferdinand Verbiest am chinesischen Hof in der jungen Qing-Dynastie das Modell eines dreirädrigen Dampfwagens. Es blieb jedoch beim Modell.

Der englische Physiker Isaac Newton legte 1680 das Konzept eines Dampfwagens vor. 1690 baute der Franzose Denis Papin eine Hochdruckdampfmaschine mit Kolben.

18. Jahrhundert

Dampfwagen Fardier von Nicholas Cugnot (1769)

Der Engländer Thomas Newcomen entwickelte die Dampfmaschine 1712 weiter, indem er den Dampf bereits außerhalb des Zylinders erzeugte.

1768 nahm der schottische Physiker James Watt weitere Veränderungen an der Dampfmaschine vor und gilt so als der Erfinder der direkt wirkenden Dampfmaschine. Im strengen Sinne sind auch die ersten Dampflokomotiven Auto-Mobile.

1769 baute der französische Militäringenieur Nicholas Cugnot für die französische Armee einen dreirädrigen Dampfwagen, der als Artilleriezugmaschine dienen sollte. Das Gefährt hatte zwei Zylinder, deren Kolbenstangen das Vorderrad über eine Art Freilaufgetriebe drehten. Die Konstruktion dieser Dampfmaschine ging auf den russischen Erfinder Iwan Iwanowitsch Polsunow zurück. Der Dampfkraftwagen des Franzosen erreichte verschiedenen Quellen zufolge eine Geschwindigkeit zwischen 3 und 5 km/h und löste damit den deutschen Weltrekord von 1,6 km/h ab. Der Cugnotsche „Dampfblockwagen“ war jedoch schwer zu lenken: Sein über der Vorderachse hängender Wasserkessel gab ihm ein zu hohes Frontgewicht, sodass bereits eine der ersten Vorführfahrten an einer Kasernenmauer endete. Das Original befindet sich heute im Pariser Conservatoire National des Arts et Métiers.

Ende des 18. Jahrhunderts schuf der Russe Iwan Petrowitsch Kulibin das sogenannte Samohyb, das in seiner Grundkonstruktion mit Chassis, Schwungrad, Getriebegehäuse, Bandbremsen und Wälzlagern fast hundert Jahre später in den ersten Automobilen mit Verbrennungsmotor wiederzufinden war.[7]

19. Jahrhundert

Dampfwagen von Richard Trevithick, 1803
Selbstfahrender Wagen von Isaac de Rivaz, um 1804
Lenoirs Hippomobile, um 1863
Der 1870 von Siegfried Marcus gebaute benzinbetriebene Wagen
Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 aus dem Jahr 1886

Im 19. Jahrhundert wurde eine Vielzahl an Dampfautomobilen gebaut. Zudem experimentierten Erfinder und Ingenieure in ganz Europa mit Muskelkraftwagen und Segelwagen.

In England hatte Richard Trevithick schon 1797 ein kleines Dampfwagenmodell entwickelt, bei dem die Kesselheizung mit Hilfe eines in das Flammrohr eingesteckten glühenden Eisenstabes erfolgte. In der Folge konstruierte er 1801 einen Dampfwagen, der unter dem Namen Puffing Devil in Camborne Passagiere mit einer Geschwindigkeit von 8 km/h selbst über Steigungen beförderte.

1803 baute abermals Trevithick ein weiteres selbstfahrendes Fahrzeug, das London Steam Carriage, das im Prinzip eine mit einer Dampfmaschine ausgerüstete Postkutsche war. Es erregte die Aufmerksamkeit von Publikum und Presse, war aber im Betrieb wesentlich teurer als eine gewöhnliche Pferdekutsche und konnte sich deshalb nicht durchsetzen.

Ende 1804 konnte der amerikanische Stellmacher Oliver Evans seine Idee realisieren, mit Dampf ein Fahrzeug zu betreiben. Sie hatte ihn bereits seit 1772 beschäftigt, seine persönlichen Verhältnisse und widrige Umstände hatten der Verwirklichung aber im Weg gestanden. Evans’ Orukter Amphibolos wurde von seiner Weiterentwicklung der Newcomen-Dampfmaschine angetrieben. Das Fahrzeug war ein Schwimmbagger mit einem Schaufelrad im Heck. Den Weg von Evans’ Werkstatt zum Wasser, etwa 1,5 Kilometer, legte Orukter Amphibolos aus eigener Kraft zurück. Evans hatte dazu einen vierrädrigen Karren gebaut auf dem das Boot lag. Dessen Dampfmaschine trieb über Transmissionsriemen zwei der Räder an. Einmal im Wasser, konnte die Fahrt an Land nicht wiederholt werden. Dennoch baute Evans damit nicht nur eines der ersten funktionierenden Automobile, sondern auch das erste Amphibienfahrzeug überhaupt.

Ebenfalls 1804 entwickelte der Schweizer Isaac de Rivaz den ersten Wagen mit Verbrennungsmotor, der 26 Meter weit gefahren sein soll. Das Fahrzeug hatte einen Zweitakt-Explosionsmotor, der mit einem Gemisch aus Steinkohlengas und Wasserstoff betrieben wurde.

Eine andere wichtige Voraussetzung für das Automobil schuf Erasmus Darwin 1761, ohne sie patentieren zu lassen: die Achsschenkel-Lenkung. Sie wird auch dem Deutschen Georg Lankensperger zugeschrieben, der sie 1816 patentierte. Danach geriet sie in Vergessenheit und wurde, unabhängig voneinander, 1873 von Amédée Bollée in Frankreich[8] und 1891 von Carl Benz wiederentdeckt und patentiert.[9][10][11]

Bereits 1828 gab es in England einen mehr oder weniger regelmäßigen Pendeldienst mit einem Dampfbus zwischen London und Bath. Ab 1829 baute der Engländer Walter Hancock Dampfwagen für den privaten Gebrauch sowie etliche Dampfomnibusse. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand noch ein erfolgreicher Dampf-Lkw, der Sentinel.

1839 wurde das erste Elektrofahrzeug von Robert Anderson in Aberdeen gebaut.

1860 patentierte der Deutsche Christian Reithmann den Viertaktmotor. Im selben Jahr erhielt der Franzose Étienne Lenoir ein Patent auf einen betriebsfähigen Gasmotor. Im September 1863 fuhr er mit seinem Hippomobile genannten Straßenfahrzeug mit Verbrennungsmotor von Paris nach Joinville-le-Pont und zurück.[12] Ein weiteres Hippomobile verkaufte Lenoir an den russischen Zaren Alexander II.

1869 konstruierten die beiden Franzosen Pierre Michaux und M. Perreaux das erste von einer Dampfmaschine angetriebene Fahrrad.

1870 unternahm der Deutsch-Österreicher Siegfried Marcus in Wien Fahrversuche mit einem direkt wirkenden verdichtungslosen Zweitaktmotor, der auf einem einfachen Handwagen montiert wurde.

Ab 1876 begann die Produktion der Viertaktmotoren in der Deutz AG; diese Motoren waren durch das Deutsche Reichspatent DRP 532 vom 9. Mai 1876 geschützt.

1878 kam es zur wohl ersten Wettfahrt motorisierter Fahrzeuge, als in Wisconsin die Dampffahrzeuge Oshkosh Steam Wagon von Frank A. Shomer und der technisch überlegene, aber unfertige Green Bay Steamer von E. P. Cowles gegeneinander antraten. Das Preisgeld von 10.000 Dollar (nach heutigem Stand etwa 238.100 Dollar) für jenen Bürger, der einen „billigen und praktischen Ersatz für Pferde und andere Tiere auf dem Highway und der Farm“ erfände, stiftete der Staat. Es waren eine Distanz von 325 km von Green Bay nach Madison zurückzulegen und Sonderprüfungen zu bestehen. Der Oshkosh siegte, nachdem der Green Bay früh wegen eines Unfalls ausgeschieden war.

Zu den bedeutendsten Konstruktionen Frankreichs zu dieser Zeit gehörten die Dampfmobile von Amédée Bollée (ab 1873) und Léon Serpollet (ab 1888); Letzterer hatte bereits 1881, gemeinsam mit seinem Bruder Henri, einen schneller betriebsbereiten Dampfkessel patentieren lassen. Ein namhafter Hersteller solcher Fahrzeuge ab 1884 war De Dion, Bouton & Trépardoux.

Ende des 19. Jahrhunderts

Der 81-jährige Carl Benz 1925 auf seinem 1886 entwickelten Motorwagen
Modell von Gottlieb Daimlers Motorkutsche von 1886
Rekonstruktion des Flocken Elektrowagens von 1888
Elektro-Rekordfahrzeug La Jamais Contente, das erste Auto, das über 100 km/h schnell war (1899), Illustration
Dampf-Rekordfahrzeug Stanley Woggle-Bug (1903)

Die Entwicklung der heutigen Autos mit einem Verbrennungsmotor als Antrieb kam 1886 in Deutschland einen Schritt weiter: Carl Benz baute 1885 in Mannheim sein Dreirad und am 29. Januar 1886 meldete er seinen Motorwagen zum Patent an (Reichspatent 37435). Dies gilt als die Geburtsstunde des modernen Automobils. Kurz danach folgten unabhängig davon in Cannstatt bei Stuttgart Gottlieb Däumler (später Namensänderung in Daimler) und Wilhelm Maybach sowie Siegfried Marcus in Wien mit weiteren Fahrzeugen.

Seit 1881 sind mehrere dreirädrige elektrisch betriebene Straßenfahrzeuge bekannt, etwa das Trouvé Tricycle. Das erste bekannte deutsche Elektroauto baute 1888 die Coburger Maschinenfabrik A. Flocken. Es wird vermutet, dass es sich bei diesem vierrädrigen Elektroauto um den weltweit ersten elektrisch angetriebenen Personenkraftwagen (Pkw) nach heutiger Definition handelt. Etwa gleichzeitig konstruierten die Russen Jablotschkow und Romanow erste Personenwagen mit Elektromotor.[13]

Die erste Überlandfahrt über mehr als 100 km unternahm Bertha Benz Anfang August 1888 von Mannheim nach Pforzheim und zurück mit dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 3.[14] Ihr ging recht schnell das Leichtbenzin aus, daher musste sie Ligroin „nachtanken“, das damals als Reinigungsmittel in Apotheken verkauft wurde. So wurde die Stadt-Apotheke von Wiesloch zur ersten Tankstelle der Welt. Seit 2008 erinnert eine offizielle deutsche Ferienstraße und Straße der Industriekultur, die Bertha Benz Memorial Route, an jene Pionierfahrt.

Benz & Cie. reichten schon 1886 eine Patentschrift für ein dreirädriges „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ ein. Der deutsche Erfinder Carl Benz fuhr damit öffentlich herum. Seit 1894 stellte er als erster ein Automobil in Serie her. Der Deutsche Gottlieb Daimler baute 1887 ebenfalls, völlig unabhängig von Carl Benz, Automobile und gründete die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG). Der von ihm entwickelte Kutschenwagen erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 16 km/h und war eigentlich eine umgebaute Droschke mit Motor. Er arbeitete mit dem Motorenbauer Wilhelm Maybach zusammen und entwickelte so verschiedene Fahrzeuge.

Der in Wien lebende Mecklenburger Siegfried Marcus ließ unabhängig von Benz und Daimler in den Jahren 1888 und 1889 einen von einem Benzin-Viertaktmotor angetriebenen Wagen bauen, der wie moderne Autos vier Räder hatte. 1888 baute Albert F. Hammel in Kopenhagen einen zweizylindrigen Motorwagen.

Automobilfabriken entstanden ab etwa 1891 in Europa, u. a. Panhard & Levassor und Peugeot in Frankreich, die beide zunächst in Lizenz hergestellte Daimler-Motoren verwendeten. Daimler gründete zudem Unternehmen in England und in Österreich. Im Jahr 1892 erhielt Rudolf Diesel ein Patent auf eine „neue rationelle Wärmekraftmaschine“ mit höherem Wirkungsgrad. 1897 konstruierte er den ersten Dieselmotor, der aber für mobile Anwendungen noch zu schwer war. Mit der Netphener Omnibusgesellschaft nahm 1895 der erste benzinbetriebene Omnibus der Welt seinen Betrieb auf.

Auf seinen Erfahrungen mit der Heilmann-Lokomotive aufbauend, entwickelte der französische Ingenieur Jean-Jacques Heilmann 1899 ein dampf-elektrisches Automobil.[15]

Der Eintrag „Automobiler Wagen“ im Brockhaus 1896

Der erste dokumentierte Geschwindigkeitsrekord eines Automobils wurde bereits ein Jahr vorher, 1898, von dem Franzosen Gaston de Chasseloup-Laubat mit 63,14 km/h mit einem Elektroauto aufgestellt. Bis 1964 wurden Automobil-Geschwindigkeitsrekorde nur von Fahrzeugen anerkannt, die über die Räder angetrieben wurden. Der österreichische Automobilhersteller Gräf & Stift stellte 1898 das erste Auto mit Frontantrieb her und erhielt dafür 1900 ein Patent. Ein Jahr später erreichte Camille Jenatzy mit dem Elektroauto La Jamais Contente als Erster eine Geschwindigkeit von über 100 km/h.

De Dion-Bouton stellte nach 1893 auf Benzinmotoren um und war um 1900 sowohl der größte Automobil- wie auch Fahrzeugmotorenhersteller der Welt. 140 Hersteller in allen Auto bauenden Nationen verwendeten dessen „schnell laufenden“ Einbaumotor oder bauten ihn in Lizenz nach.[16] Darunter waren Renault und, in den USA ab 1900, Oldsmobile oder Rambler, die den auf Taxis in Großstädten spezialisierten Elektroautobauer Electric Vehicle Company (E.V.C.) als Marktführer ablösten.[17]

Die Zeitungen und Enzyklopädien des ausklingenden Jahrhunderts widmeten dem Automobil unter dem Begriff „Motorwagen“ bereits breiten Raum. Das Brockhaus-Konversationslexikon brachte in seiner 1896 erschienenen Ausgabe die technischen und ökonomischen Vorzüge des Automobils gegenüber Pferde- und Dampfwagen auf den Punkt:

„Die Vorteile dieser motorisch bewegten Straßenfuhrwerke gegenüber den von Zugtieren gezogenen sind mehrfache. Zunächst lassen sich mit Motorwagen größere Geschwindigkeiten, auch für längere Zeitabschnitte, erreichen als mit Zugtieren; auch größere und anhaltende Steigungen werden leichter überwunden. Dabei sind die Betriebskosten bei M. erheblich geringer als bei Pferdebetrieb, sowohl bei dauerndem als auch ganz besonders bei intermittierendem Betrieb, weil der M. nur während der Fahrt Betriebskosten verursacht, während Pferde gefüttert werden müssen, auch wenn sie nicht gebraucht werden. Für verkehrsreiche Städte bringen die M. noch die schätzbaren Vorteile, daß sie weniger Raum beanspruchen als die mit Pferden bespannten Fuhrwerke, und daß die Verunreinigung der Straßen vermieden wird. Auf staubigen Landstraßen endlich bleiben die Insassen eines M. vom Staub mehr verschont als bei Pferdewagen.“

Brockhaus-Konversationslexikon, 14. Auflage, 1894–1896, Zusatzband 17, S. 780

Das Aberdeen Weekly Journal hielt 1895 den Autocar or self-driven carriage für „die Verkörperung einer alten Idee. Die Vorstellungen moderner Ingenieure zu dem Thema sind ziemlich unausgereift“.[18]

Ende des 19. Jahrhunderts verbreiteten sich auch neue Begriffe rund um das Auto, etwa der Herrenfahrer, englisch gentleman driver, und die Vergnügungsfahrt mit einem pleasure car.[19]

Entwicklung in den Vereinigten Staaten

Bis zum Ersten Weltkrieg

Eines der ersten Automobile des Weißen Hauses: Pierce Great Arrow 48 HP Limousine von US-Präsident William Howard Taft (1909)
Riker Electric Victoria (1900)
Stevens-Duryea Modell L Stanhope (1903)
Packard Modell L Tonneau (1904)

In den USA gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch kein übergeordnetes Straßennetz. Fernverbindungen bestanden entlang den Küsten und auf den großen Flüssen mit Schiffen und Kursbooten sowie mit der stetig ausgebauten Eisenbahn. Diese wie auch der öffentliche Verkehr in den Großstädten waren zunehmend monopolisiert. An der Centennial International Exhibition von 1876 in Philadelphia (Pennsylvania), der ersten offiziellen Weltausstellung in den USA, stellte George Brayton seinen Zweitakt-Gasmotor mit paarweise angeordneten Arbeits- und Kompressionszylindern und kontinuierlicher Verbrennung (statt einer Explosion) vor. Obwohl es früh Versuche mit Automobilen mit Verbrennungsmotoren gab, etwa durch Charles E. und J. Frank Duryea (welche 1893 in Chicopee Falls (Massachusetts) die erste Autofabrik in den USA einrichteten), Charles Brady King, Henry Ford oder Alexander Winton, setzten sich zunächst Dampf- und Elektroantrieb durch. Richtungweisend in ersterem Bereich waren die Entwicklungen der Stanley-Brüder, die sowohl zum Locomobile wie auch zum Stanley Steamer führten, sowie des späteren Lkw-Herstellers White und der Grout. Mit dem wohl perfektesten Dampfauto überhaupt, dem Doble, fand diese Technologie in den 1920er Jahren ihren Höhepunkt. Wirtschaftlich spielte sie schon vor dem Ersten Weltkrieg keine Rolle mehr. Die Grundlagen für die Elektroautoindustrie in den USA legten unter anderem William Morrison mit dem ersten erfolgreichen, vierrädrigen Elektroauto im Land, Henry G. Morris und Pedro G. Salom (ab 1893), J. A. Barrett und A. Frank Perrett (Barrett & Perrett Electric, 1896), Andrew L. Riker und Hiram Percy Maxim. Ein Syndikat versuchte, das Taxigeschäft zu kontrollieren und baute die Electric Vehicle Company zum größten Autobauer in den USA auf, scheiterte aber letztlich. Innerhalb von nur 5 Jahren fielen die Stückzahlen von Elektroautos von Platz eins auf Platz drei (hinter Verbrennungsmotor und Dampfmaschine) zurück.

Dabei wurde die Entwicklung des Benzinautos auch durch andere Manipulationen massiv behindert. George Baldwin Selden hatte bereits 1877 ein Fahrzeug mit Brayton-Motor gebaut, das kaum gebrauchstüchtig war. Das Gesamtkonzept hatte er 1879 zum Patent angemeldet, die Ausstellung dieses Universalpatents auf ein Auto mit Verbrennungsmotor jedoch bis 1895 verzögert um eine optimale Wirkung zu erzielen. Darunter fielen nach seiner Auffassung alle entsprechenden, während der Patentfrist in den USA hergestellten oder importierten Fahrzeuge. 1899 verkaufte er die Rechte an die Electric Vehicle Company. Zum Eintreiben der Lizenzgebühren hunderter Hersteller und Dutzender Importeure wurde die Association of Licensed Automobile Manufacturers (A.L.A.M.), gegründet. Der Umfang des Patents, nicht jedoch dieses selbst, wurde von sogenannt „unabhängigen“ Fahrzeugherstellern um Henry Ford juristisch angegriffen. 1911 erreichte Ford in zweiter Instanz die Einschränkung des Patents auf Fahrzeuge mit Brayton-Motor, was es wertlos machte.

1897 wurde die Winton Motor Carriage Company gegründet. 1899 folgten die Olds Motor Works, die Packard Motor Car Company und der Motorenhersteller Buick Auto-Vim and Power Company, Vorläufer von Buick. 1901 begann der Autobau bei George N. Pierce & Company, Herstellerin des bis heute hubraumstärksten Personenwagens (Pierce Great Arrow 1912; 13,5 Liter). 1903 musste Ransom Eli Olds das von ihm gegründete Unternehmen verlassen und gründete im folgenden Jahr die REO Motor Car Company. Zur gleichen Zeit finanzierten die Brüder John Francis Dodge und Horace Elgin Dodge das neue Unternehmen von Henry Ford – und lieferten praktisch alle Komponenten seiner frühen Fahrzeuge. Sie selber kamen erst 1914 mit dem ersten Dodge-Automobil auf den Markt.

Packard Model F „Old Pacific“ (1903)

Am Sandstrand des Winteraufenthaltsorts Ormond in Florida (heute Ormond Beach) wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts Automobilrennen ausgetragen und Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt. Nach wenigen Jahren verlagerte sich der Betrieb allmählich an die angrenzende Daytona Beach. 1903 durchquerten, unabhängig voneinander, erstmals zwei Automobile die USA: Zuerst ein Winton, gefahren vom Privatmann Horatio Nelson, und kurz darauf ein „Old Pacific“ genannter Packard Model F, den das Werk bereitgestellt hatte.

Die Autoindustrie entwickelte Fahrzeuge aller Preisklassen, vom Buckboard bis Luxus- und Sportwagen wie dem ALCo, Lozier oder Simplex. Chadwick brachte 1908 den ersten Kompressor-Pkw auf den Markt (zu einem Aufpreis in der Höhe eines Mittelklasseautos) und ein Thomas siegte ebenfalls 1908 bei der längsten Automobilwettfahrt der Geschichte von New York nach Paris.

Wettfahrt New York-Paris 1908:Thomas Flyer 35/40 HP Modell 35, am Lenkrad Montague Roberts.
Stoddard-Dayton Model 10C 4-passenger Roadster (1910)

Wenngleich die Reichen und Mächtigen des Landes noch einige Zeit europäische Autos bevorzugten, entstanden doch eine Reihe von Konzernen. Pope Manufacturing war der erste, gefolgt von General Motors, welche William Crapo Durant 1908 um seine Buick Motor Car Company organisierte. 1909 kamen Oldsmobile und die 1903 aus der Henry Ford Company hervorgegangene Cadillac Motor Car Company hinzu. Der Kutschenbau-Gigant Studebaker begann mit Electrics und dem Exklusivvertrieb von Fremdmarken ehe er die von ihm mitfinanzierte E-M-F Company übernahm und eigene Autos herstellte. General Motors wäre beinahe der erste US-amerikanische Konzern geworden, der zusammenbrach. Ursache waren die gewaltigen Investitionen in Automobil- und Zulieferer-Unternehmen, mit denen Durant das Unternehmen überforderte. Er musste das Unternehmen 1910 – vorübergehend – verlassen und GM brauchte Jahre, um sich unter der Leitung von Charles W. Nash wieder zu erholen. Hingegen begann der Pope Konzern schon vor dem Tode des Gründers Albert Augustus Pope 1909 zu zerbröckeln. Der teilweise aus den Resten des Pope-Imperiums aufgebaute Konzern United States Motors Company von Benjamin Briscoe brach 1912 spektakulär zusammen und riss ein rundes Dutzend Hersteller mit sich, darunter Briscoe, Brush, Stoddard-Dayton und Thomas. Als Sanierer wurde der Buick-Präsident und GM-Vizepräsident Walter P. Chrysler geholt, der später um die einzige überlebende Marke des Konzerns, Maxwell, seine Chrysler Corporation aufbaute. Ein anderer GM-Mann, eben der genannte Charles Nash, wurde von Durant nach dessen – vorübergehender – Rückkehr an die Konzernspitze 1916 entlassen und kaufte mit der Thomas B. Jeffery Company kurz darauf einen der größten Hersteller (Rambler), den er als Nash Motors reorganisierte,

International High Wheel Wagon (1911)

Zu den Besonderheiten der US-Autoentwicklung gehört der Highwheeler, der seine Blütezeit zwischen 1900 und 1910 erlebte. Die namengebenden, riesigen Holzspeichenrädern sollten die unbefestigten Straßen besser bewältigen. Er war sehr einfach konstruiert – oft nicht mehr als ein Fuhrwerk mit Motor – dabei aber robust, günstig in Anschaffung und Unterhalt und er konnte vom Dorfschmied repariert werden. Zwischen 1910 und 1914 gab es einen Boom auf Cyclecars, der so schnell abebbte wie er aufgetaucht war. Eine der Ursachen für den Niedergang dieser Leichtfahrzeuge dürfte das Ford Modell T gewesen sein, das als vollwertiges Auto günstiger angeboten wurde als mancher Cyclecar.

Die Motorisierung im Ersten Weltkrieg

Der Aufbau eines Highway-Systems wurde nach 1910 als patriotische Aufgabe gesehen. 1916 wurden mit dem Lincoln Highway erstmals die Ost- und Westküste der USA durch eine Straße verbunden. Er führte zunächst durch 13 Bundesstaaten.

Die USA erklärten dem Deutschen Reich am 6. April 1917 den Krieg und spielten damit eine aktive Rolle im Ersten Weltkrieg. Technisch waren die US-Streitkräfte schlecht gerüstet; eine konservative Militärführung hatte den Wert der Motorisierung lange unterschätzt. Die Nutzfahrzeugindustrie erfuhr vor diesem Hintergrund eine späte, aber intensive Förderung, die sich m Liberty-Programm niederschlug, an dem 62 Unternehmen, Hersteller und Zulieferer, teilnahmen. Personenwagen (damals als pleasure cars, Vergnügungsfahrzeuge, bezeichnet) wurden hingegen von der Regierung als vernachlässigbares Luxusgut betrachtet. Ende 1917 veranlasste das War Industries Board (W.I.B.) die Rationierung kriegswichtiger Materialien. PKW erhielten dabei eine gleich niedrige Prioritätsstufe wie Musikinstrumente, Pelzmäntel oder Parfum. Für kleinere Hersteller bedeutete das einen faktischen Betriebsstillstand, der durchaus existenzbedrohend war. Wenngleich das meist nicht der einzige Grund war, mussten auch deswegen mehrere Autobauer aufgeben. Auf diese Weise gingen etwa Abbott, Pathfinder, Lambert und indirekt Inter-State unter. Die Erhältlichkeit bestimmter Materialien und Bestandteile war jedoch nur ein Teil der kriegsbedingten Probleme. Dazu kam noch ein massives Transportproblem, weil Militärtransporte das Schienennetz für die nicht priorisierte Wirtschaft praktisch blockierten. Es wurde also nicht nur zunehmend schwieriger, wichtige Bestandteile aufzutreiben, sondern auch deren Spedition innerhalb angemessener Frist zu organisieren. Dies galt ebenso für die Auslieferung fertiggestellter Fahrzeuge. In dieser Situation waren Rüstungsaufträge der Armee eine der wenigen Alternativen für die Hersteller[20], andere waren die Produktion von leichten LKW und/oder Traktoren, für die große Nachfrage bestand. Aus diesen Faktoren kam es in Verbindung mit einer zur Unterstützung der europäischen Verbündeten erhöhten Agrarproduktion zu massiven Problemen.

Die 1920er Jahre

Anzeige von Hare's Motors für ein Locomobile Model 48 Sportif (1920)

Ermutigt von der Regierung, machten daher die Farmer mehr Boden urbar. So entstand auch eine erhöhte Nachfrage an zusätzlichen Arbeitskräften, der sich bereits mit dem Kriegseintritt der USA und der Einberufung von Landarbeitern und Farmern abgezeichnet hatte. Viele Farmer verschuldeten sich, um neue Landmaschinen zu erwerben oder ihren Betrieb zu elektrifizieren. In der Erwartung, dass es sehr lang dauern würde, ehe sich die europäische Landwirtschaft von den Kriegsfolgen erholen würde, stiegen auch Preise für Farmland markant an.[21]

Als sich der Agrarsektor in Europa schneller entwickelte, brachen die Preise ein und viele Farmer sahen sich dadurch außerstande, ihren Verpflichtungen nachzukommen und ihre Raten und Hypotheken zu bedienen. Auch die fälligen – und infolge des früheren besseren Einkommens höheren – Steuern konnten viele nun nicht mehr begleichen. Das komplexe Problem begleitete die US-Wirtschaft über anderthalb Jahrzehnte.[22] Verschärfend für die Industrie kam hinzu, dass die Regierung große Bestellungen annullierte, nicht mehr benötigte LKW abstieß und ihren eigenen Verpflichtungen nur schleppend nachkam.

1920 musste William Durant General Motors erneut verlassen. Er hinterließ einen schlecht organisierten Konzern, den sein Nachfolger Alfred P. Sloan neu aufstellte. Auf ihn geht die jahrzehntelang gültige „Markenordnung“ des Konzerns mit zugewiesenen Marktsegmenten zurück. So war Chevrolet für die untere Mittelklasse zuständig. Oldsmobile und Oakland wurden darüber angeordnet (Oaklands 1926 eingeführte Tochtermarke Pontiac ersetzte sie schon bald ganz) und Buick bediente die bis dahin Cadillac zugedachte obere Mittelklasse. Erst jetzt etablierte sich Cadillac als Luxusmarke. GMC wurde als Nutzfahrzeugabteilung etabliert. Bei Chevrolet hatte es so große Probleme gegeben, dass die Marke ernsthaft zur Disposition stand. Sie wurde schließlich beibehalten. Stattdessen verschwand 1921 die erst im Vorjahr gegründete Sheridan Motor Car Company und 1923 kam das Aus für Scripps-Booth und die Traktorenmarke Samson, die gegen die Vorherrschaft des Fordson-Traktors angetreten war. Danach erlebte GM einen jahrzehntelangen Aufschwung.

Durant gründete 1921 die Durant Motors Corporation, die er ähnlich organisierte. Sie wurde eines der ersten Opfer der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre. Einer weniger bekannte Krise wirkte sich in den USA zwischen 1920 und 1922 aus. Zu den Opfern gehörte ein junger Konzern um den vormaligen Packard-Manager Emlem Hare, der einige hoch angesehene Marken übernommen hatte, die aber allesamt selber in Schwierigkeiten steckten. Zu Hare's Motors gehörten Mercer, Biddle, Crane-Simplex und Locomobile; letztere wurde von Durant erworben.

In den 1920er Jahren setzte der zunehmend rationell hergestellte Ford Modell T den Maßstab und erreichte eine bis dahin beispiellose Marktdominanz, die 1924 mit einem Marktanteil von 55 Prozent über alle Fahrzeugklassen ihren Höhepunkt fand: Jeder zweite neu zugelassene Personenwagen in den USA war ein „T“; die nach dem Abgang von Durant von Alfred P. Sloan neu geordnete General Motors erreichte mit ihren damaligen PKW-Marken Chevrolet, Buick, Oakland, Oldsmobile und Cadillac zusammen rund 30 Prozent. Der Rest verteilte sich auf über 100 Hersteller in allen Preisklassen.

Konkurrenz mit der Eisenbahn

Die Eisenbahn war rund 50 Jahre vor dem Automobil da und in fast allen Ländern in staatlicher Hand. Die Eisenbahngesellschaften hatten kein Interesse an der Konkurrenz durch einen zunehmenden motorisierten Individualverkehr. Möglicherweise waren sie es, zusammen mit der Lobby der Pferdefuhrwerksbetreiber, die in England den Red Flag Act oder Locomotive Act durchsetzten, eine Reihe von Gesetzen, die 1865 in Kraft traten und unter anderem vorschrieben, dass jedem Automobil ein Mann voranlaufen musste, der in ein Horn blies und eine rote Fahne schwenkte. Das „Lokomotivgesetz“ wurde erst 1896 aufgehoben und blockierte laut mehreren Quellen den Ausbau von Straßen und die Entwicklung einer Autoindustrie am Ende des 19. Jahrhunderts.

Die Konkurrenz verschärfte sich weltweit mit dem Siegeszug der Automobile und war selbst in den 1930er-Jahren noch nicht vom Tisch. So behinderte die von der britischen Besatzungsmacht eingerichtete Regierung Palästinas mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln den Aufbau einer Automobilindustrie. Die wenigen Eisenbahnlinien waren in staatlicher Hand und arbeiteten mit umso mehr Verlust, je stärker sich das Auto verbreitete: 1922 waren 40 zivile Kraftwagen angemeldet, 1924 schon 891, 1926: 2306 und 1933: 6126.[23] Entsprechend erhöhte die Regierung die Steuern für Autos und Ersatzteile auf 50 % (Ersatzteile nach kg Gesamtgewicht berechnet, um die Betreiber von Bussen zu treffen) und für Benzin auf 100 %. Busfahrer wurden in § 12 der Road Transport Ordinaries (Straßenverkehrsvorschriften) unter Androhung empfindlicher Strafen angewiesen, während der Fahrt keine stehenden Personen zuzulassen – ein aufgrund der hohen Popularität dieser jungen Transportform kaum durchzusetzendes Unterfangen.

Die Autobesitzer und -fahrer in Palästina hatten die Unterstützung der sozialistischen Arbeiterpartei und waren selbst in einer Art Gewerkschaft organisiert, der Association of Motor Transport. Als 1930 die Regierung zum wiederholten Mal die Lizenzgebühren für Busbetreiber erhöhte, kam es zu einem einwöchigen Streik aller Kraftfahrer, der zu Zugeständnissen der Regierung führte. 1933 nahm die Regierung aus Steuern und Lizenzen 300.000 £ von der Automobilindustrie ein, gab aber nur ein Drittel davon für den Straßenbau aus.[24]

Entwicklung bis zum Ersten Weltkrieg

Automobil verdrängt Pferdewagen (1902)
Mercedes-Simplex, Illustration (1911)
Serienauto Ford Modell A (1928)
Automobil mit Holzvergaser (1946)

Anfang des 20. Jahrhunderts verdrängten Automobile die Pferdefuhrwerke als Individualfortbewegungsmittel. Diese Entwicklung war mit Widerstand verbunden. Der hatte wirtschaftliche Gründe, weil die um Esel, Pferde, Pferdenahrung, Fuhrwerkbau und -wartung herum entstandene Industrie zusammenbrach. Die Präsenz des Autos provozierte aber auch gesellschaftliche Konflikte: Die frühen Autobesitzer dominierten mit Lärm und Geschwindigkeit die Straße, sie galten als arrogant und neureich. Zahlreiche Gesetze gingen – international unterschiedlich – mit diesen Konflikten um und regulierten unter anderem die Reisegeschwindigkeit sowie die Erhaltung der Straßenqualität, wie sie die Autofahrer forderten: So mussten die Fuhrwerksbetreiber die Straße von Pferdedung freihalten, damit die Automobile nicht ausrutschten.

In den 1910er-Jahren etablierte sich im Deutschen der Begriff „Führerschein“ für die Erlaubnis, ein Fahrzeug zu fahren. Gutachter mussten die Fahrtauglichkeit eines Kraftwagens feststellen, bevor dieser betrieben werden durfte. Autos mit technischen Mängeln konnten diese Zulassung bis zu einem weiteren Gutachten verlieren. Straßen und Wege mussten einen bestimmten Standard aufweisen, um von Kraftwagen befahren zu werden, und viele Staaten – wie zum Beispiel Schweden im Jahr 1917 – führten Geschwindigkeitsbegrenzungen ein:

„Führen mit Kraftwagen ist […] auf öffentlichem Weg, dessen Breite wenigstens 3,6 Meter beträgt, sowie auf Straßen und Plätzen erlaubt. […] Die Geschwindigkeit von Personenwagen darf nur so gross sein, dass in einer Stunde zurückgelegt werden
  • in Stadt, Marktflecken oder sonstigen dicht bebauten Ortschaften: bei Tageslicht höchstens 20 Kilometer, bei Dunkelheit höchstens 15 Kilometer, bei Nebel höchstens 10 Kilometer;
  • anderswo: bei Tageslicht höchstens 30 Kilometer, welche Geschwindigkeit auf 40 Kilometer erhöht werden darf, wenn der Führer wenigstens 250 Meter […] überblicken kann, […] bei Dunkelheit höchstens 15 Kilometer, bei Nebel höchstens 10 Kilometer.“[25]

Am Ende des 19. Jahrhunderts konkurrierten verschiedene Antriebsarten für Automobile stark miteinander, bevor sich der Verbrennungsmotor durchsetzte.

Jede Antriebsart hatte spezifische Vor- und Nachteile. Dampfautomobile etwa waren schneller als elektrisch betriebene und mit weniger mechanischen Bestandteilen zuverlässiger als mit Benzin betriebene, zudem war die Fehlersuche einfacher. Außerdem waren sie leiser und geruchärmer als diese, mussten nicht geschaltet werden und schafften Steigungen, die für viele Benziner noch unüberwindlich waren. Ihre Technik war im Prinzip seit Jahrzehnten bekannt und weniger technisches Neuland wie Elektrizität oder der Ottomotor. Dampfwagen verbrauchten zwar enorme Wassermengen; dieser Konsum ließ sich aber an den zahlreichen Viehtränken besser decken als der Benzinverbrauch von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, welche zunächst auf Apotheken und Ladengeschäfte angewiesen waren ehe ein immer dichteres Netz von Tankstellen aufgebaut worden war. Elektroautos spielten ihre Stärken in urbaner Umgebung am besten aus. Hier gab es Relaisstationen, wo Batteriesätze in wenigen Minuten ausgetauscht wurden und die Reichweite der Fahrzeuge erhöhte sich in kurzer Zeit von 20 bis 30 auf 100 km. Sie waren sehr einfach zu bedienen und der Umgang „sauberer“, weshalb sich viele frühe Motoristinnen für sie entschieden. Elektroautos waren zu Beginn der 1890er Jahre die meist verkauften Automobile in den USA, verloren diese Vormachtstellung aber innerhalb von nur fünf Jahren.[26] Die Produktionszahlen der amerikanischen Automobilfertigung aus dem Jahr 1900 belegen insgesamt 4.192 Automobile von 75 Herstellern, darunter 1.688 Dampfautomobile, 1.575 Elektrofahrzeuge sowie 929 Fahrzeuge mit Benzinmotor.

Das Benzinautomobil setzte sich erst in den 1910er-Jahren gegen andere Antriebsarten wie etwa den Petroleummotor und den Spiritusmotor durch. Gründe waren u. a. der technische Fortschritt im Motorenbau und billiger Kraftstoff aus Erdöl mit einer viel höheren Energiedichte als elektrische Speicher sowie die hierin begründeten, auch heute noch gültigen Vorteile: eine große Reichweite und eine hohe mögliche Geschwindigkeit. Den endgültigen Durchbruch brachte aber erst der elektrische Anlasser, der 1912 von Delco zur Marktreife gebracht und von Cadillac serienmäßig eingebaut wurde. Er ersparte das mühsame und nicht ungefährliche Ankurbeln von Hand und brachte damit den entscheidenden Vorteil gegenüber dem Dampfantrieb mit dessen Nachteil der langen Vorheizzeit und dem Elektroantrieb. Bereits um 1920 waren diese Fahrzeuge Nischenprodukte und einzig Stanley baute noch Dampfwagen in nennenswerter Stückzahl.

Das Prinzip des ersten Automobils ist bis heute erhalten geblieben. Mit der allgemeinen Verbreitung von Automobilen im 20. Jahrhundert kamen viele technische Neuerungen hinzu.

Die meisten damals produzierten Fahrzeuge in Deutschland waren wie der Mercedes-Simplex (1906) konstruiert. Sie hatten einen Motor vorn, ein Getriebe und Antriebswellen und -ketten zu den angetriebenen Rädern. Letztere hielten sich an schweren Wagen bis etwa 1910 und an Lkw deutlich länger,

1900 ließ sich Gräf & Stift in Wien den von ihr 1898 entwickelten Vorderradantrieb patentieren und baute zwei Prototypen. Ein Jahr darauf patentierte Frederick W. Lanchester die Scheibenbremse. Das erste in größeren Serien gebaute Fahrzeug mit Scheibenbremsen war 1955 der Citroën DS. Im Jahr 1903 wurde mit dem Spyker 60/80 HP der erste Sportwagen mit Allradantrieb gebaut. Im gleichen Jahr wurde Mary Anderson das erste Patent für einen Scheibenwischer erteilt. Bereits 1902 patentierte Louis Renault einen Zentrifugalkompressor; im Great Chadwick Six wurde erstmals ein Kompressor zur Leistungssteigerung in einem Personenwagen angeboten. Ray Harroun verwendete erstmals einen Rückspiegel beim allerersten Indy-500-Rennen 1909 an seinem Marmon Wasp und ließ stattdessen den üblicherweise mitfahrenden Mechaniker zu Hause. 1910 brachte De Dion-Bouton den ersten Personenwagen mit V8-Motor auf den Markt, gefolgt vom ersten V12 von Packard Ende 1915.

1913 begann durch die Fließbandproduktion der Fahrzeuge bei Ford die Massenfertigung erschwinglicher Automobile. Im nächsten Jahr kam das erste hydraulische Bremssystem auf den Markt. Chassis wurden nach 1905 immer öfter aus Pressstahl gefertigt. Die erste in Serie hergestellte Ganzstahlkarosserie (mit einer Metall- statt Holzstruktur) fertigte Budd 1918 für Dodge. Sie setzte sich erst in den 1930er Jahren allgemein durch.

1923 erschienen erste Lkw mit Dieselmotor.

Entwicklung seit 1918

Das erste serienmäßige Automobil mit Frontantrieb aus Deutschland: DKW F1
VW Golf – Kompaktwagen von Volkswagen

Der Boom der Motorisierung kam in Europa nach dem Ersten, noch auffälliger nach dem Zweiten Weltkrieg zum Erliegen. Insbesondere in den zerstörten deutschen Großstädten waren die Automobile 1945 weitgehend von den kaputten Straßen verschwunden und die Zugpferde zurückgekehrt. Viele Autofahrer, die keine Erfahrung mit Pferden hatten, wurden zu Kutschern und gingen mit den Tieren unfachmännisch um:

„Vielleicht haben wir uns schon zu sehr an die maschinelle Gefühlslosigkeit der Motoren gewöhnt, sonst würde wohl mancher Wagenbesitzer einen liebevolleren Blick für das schwere Leben seines Zugpferdes besitzen.“[27]

Motor

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich der Hubkolbenmotor als Viertakt-Ottomotor bereits durchgesetzt. Als technische Sackgassen erwiesen sich der T-Kopf- und der Schiebermotor. Auch der vor dem Zweiten Weltkrieg verbreitete Zweitaktmotor konnte sich im Automobil nicht behaupten, ähnlich wie der Rotationskolbenmotor, der ab 1933 entwickelt wurde und 1964 auf den Markt kam. Ab den 1930er-Jahren dagegen etablierte sich der Dieselmotor im Automobil – erstmals erfolgreich als Mercedes-Benz OM 636. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden noch einmal mit Ernsthaftigkeit grundsätzlich andere Motorkonzepte erprobt, die jedoch kaum Serienwirksamkeit erlangten, darunter neben dem Elektromotor unter anderem der Gasturbinenantrieb. In der Gegenwart wird die Entwicklung des Elektromotors wieder verstärkt verfolgt, gegen den Verbrennungsmotor konnte er sich trotz einer gewissen politischen Unterstützung jedoch bisher nicht durchsetzen.

Karosserie und Antriebskonzept

Die Karosseriegestaltung und das Antriebskonzept eines Automobils sind eng miteinander verwoben. Die ersten Automobile ähnelten noch den Kutschen und wurden oft auch von vormaligen Kutschenbauern entworfen und gebaut. Sehr bald wurde die Karosserie jedoch den Anforderungen höherer Geschwindigkeiten angepasst. Die Gestaltung wurde ganzheitlicher und weniger zerklüftet. Das Antriebskonzept mit Frontmotor mit Hinterradantrieb setzte sich durch. Die bis dahin übliche offene Karosserie wurde in der Volumenherstellung von der geschloßenen abgelöst. In den USA sank der Marktanteil der offenen Fahrzeuge zwischen 1919 und 1930 von 89,7 auf 9,6 Prozent.[28]

In den 1930er-Jahren spaltete sich die progressive Entwicklung in zwei Richtungen. Einerseits hin zu Fahrzeugen mit Frontantrieb, der in Deutschland erstmals im DKW F1 realisiert wurde. Andererseits bildete sich die Stromlinienkarosserie heraus. Mit Frontmotor und Fachwerkrahmen kam 1934 der Chrysler Airflow auf den Markt, mit Heckmotor waren Tatra 77 und 87 Vertreter dieser Bauart, in den USA der Prototyp gebliebene Stout Scarab. Auch die nach dem Krieg gebauten Typen Volvo PV444, Peugeot 203 IFA F9, VW Käfer und Porsche 356 sind gestalterisch den Stromlinienfahrzeugen zuzuordnen. Von einigen Konstrukteuren wurde in der Nachkriegszeit eine Weiterentwicklung der Stromlinien-Baumuster hin zum Fahrzeug in tropfenförmiger Gestalt angestrebt. Es wurden dabei sowohl Konzepte mit Frontmotor, wie etwa beim Panhard Dynavia und bei Saab, als auch Konstruktionen mit Heckmotor, so genannte Trambuswagen anvisiert.[29][30] Diese wurden ansatzweise in Gestalt des BMW 600 und Fiat 600 Multipla realisiert, es waren jedoch vor allem russische Konstrukteure, welche die Idee des Trambuswagens verfolgten.[31] Zu den ungelösten Problemen dieser futuristischen Bauweise zählte die fehlende Knautschzone vorn. Heckmotorfahrzeuge wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst noch von Herstellern wie Škoda, Fiat, Renault und Volkswagen konstruiert, jedoch später verworfen. Heute (2015) ist die Verwendung des Heckmotors auf Sport- und Kleinstwagen beschränkt.

Ab Mitte der 1940er-Jahre kam der Trend aus den USA nach Europa, Fahrzeuge mit Pontonkarosserie und herkömmlichen Frontmotor mit Hinterradantrieb zu bauen. Diese Innovation wirkte sich auch auf die im Zuge der europäischen Massenmotorisierung wichtigen Kleinwagen-Konzepte aus.[32][33] Hierbei gewann der platzsparende Frontantrieb an Bedeutung. Der Citroën 2CV zeigte 1948, wie praktisch und preiswert Frontantrieb sein konnte. Ausgehend von den DKW-Frontantriebswagen wurde in Schweden der Saab 92 als preiswerter familientauglicher Pkw mit Quermotor und Frontantrieb geschaffen, in Deutschland gab es ab 1951 mit dem Lloyd 300 (ab 1955 Lloyd Alexander) und ab 1958 mit dem Trabant P50 Wagen nach ähnlichem Konzept. Eine wichtige Entwicklungsetappe war 1959 der Mini von BMC in Kompaktbauweise mit quer eingebautem Vierzylindermotor. Ihm folgte 1962 der BMC ADO 16 (unter verschiedenen Bezeichnungen verkauft, etwa als Morris 1100). Mit dem Autobianchi Primula wurde 1964 ein länger bestehendes Layout für frontgetriebene familientaugliche Kompaktwagen gefunden. Das Konzept breitete sich aus und ist die dominierende Bauform bei Kleinst-, Klein- und Kompaktwagen. Ab den 1980er-Jahren wurde die Karosserie immer stärker nach aerodynamischen Gesichtspunkten geformt, ohne jedoch auf die Idealform des Tropfens zurückzukommen, sodass die Luftwiderstandsbeiwerte der Stromlinienfahrzeuge bis heute meist nicht wieder erreicht wurden (Tatra 77: = 0,21; allerdings gemessen an verkleinerten Modellen[34]).

Verglasung und Gürtellinie der Karosserie entwickelten sich widersprüchlich. Bis in die 1950er-Jahre waren Pkw meist mit kleinen Fensterflächen und hoher Gürtellinie versehen, was eine schlechte Rundumsicht zur Folge hatte. In den 1960er-Jahren ging die Entwicklung deshalb in Richtung großer Fensterflächen und einer niedrigen Gürtellinie. Seit den 1990er-Jahren ist dagegen wieder eine starke Tendenz hin zu hoher Gürtellinie und kleinen Fensterflächen zu bemerken. Diese Bauweise der Karosserie erleichtert das Einhalten der Normen für die passive Sicherheit, das heißt beim Frontal- und Seitenaufprall. Die ungenügende Rundumsicht ist jedoch ebenfalls ein Sicherheitsrisiko, sie wird an gegenwärtigen PKW durch zusätzliche Hilfsmittel wie Einparkhilfen und Rücksichtkameras teilweise wieder verbessert.

Ausstattung

Nützliches Zubehör: Das Boyce Motor-Thermometer wurde anstelle des Kühlerverschlusses auf den Kühler geschraubt. Ford Modell T (1916)
Armaturenbrett eines Mercedes-Benz 500 K Special Roadster (1936)

Zu Beginn der Motorisierung wurden zum weitaus größten Teil offene Fahrzeuge gebaut. Der Aufwand für deren Karosserien konnte bei teuren Modellen beträchtlich sein, dennoch waren Windschutzscheiben, Scheinwerfer, Verdecke und Reserveräder oder -felgen oft Zubehör, das extra gekauft werden musste. Es gab in der Regel auch keine Instrumente oder Anzeigen. Der Benzinstand wurde mit einem Stab am Tank gemessen und ein Thermometer gab es zunächst nur direkt am Motor unter der Haube. Geschwindigkeitsmesser waren ab etwa 1905 auf dem Markt. Sie waren ein teures Zubehör und wurden meist auf einem zum Fahrer geneigten Podest am Fußboden angebracht. Zu dieser Zeit kamen auch die ersten Kühlerfiguren auf, die als reine Zierde oft aus dem Zubehörhandel stammten. Als ab etwa 1915 elektrische Anlasser aufkamen, waren sie zunächst so teuer, dass sie nur in besonders luxuriösen Autos serienmäßig eingebaut wurden. Dabei waren dies durchaus sicherheitsrelevante Einrichtungen; das Anlassen eines frühen Automobils mittels Kurbel konnte leicht schwere Unfälle nach sich ziehen. Zur Ausstattung des Fahrers und seiner Passagiere gehörte auch staubdichte Kleidung. Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Ausstattung der Automobile immer aufwendiger. Verschiedene Begrifflichkeiten wie Armaturenbrett, Handschuhfach, Kofferraum, Hutablage oder Fahrgastzelle lassen auf die ursprünglichen Verhältnisse in Automobilen schließen. Chevrolet war 1927 der erste Hersteller, der ein Autoradio als Werkszubehör anbot; vorausgegangen waren lange Versuche. Heizungen waren noch bis in die 1950er-Jahre ein Zubehör. Erstmals wurde eine von Henney entwickelte Klimaanlage 1940 als Werkszubehör von Packard angeboten. Sie setzte sich in den 1950er-Jahren in gehobenen amerikanischen Automarken durch und fand ihren Weg ab den 1970er-Jahren auch verbreitet in Europa.

Stand anfangs eine Zunahme an Komfort im Vordergrund, spielte ab den 1960er-Jahren die Sicherheit eine immer größere Rolle, ab den 1980er-Jahren war die Ausstattung vom aufkommenden Umweltbewusstsein gekennzeichnet. Seit den 1990er-Jahren macht sich der ständige Fortschritt in der Computertechnik auch in Automobilen bemerkbar.

Die Wahl der Materialien veränderte sich grundlegend. Leder und Holz dominierten die Innenausstattung der Fahrzeuge, diese Materialien sind heute nur noch in Luxuswagen anzutreffen. Herrschte bis zu Beginn der 1950er-Jahre die Meinung vor, Kunststoffe seien Ersatzstoffe,[35] wurden diese zum immer wichtigeren Bestandteil der Fahrzeugausstattung. Sie gewannen vor allem ab den 1970er-Jahren an Gewichtung, als die Frage nach Verkehrssicherheit in den Vordergrund rückte. Zu dieser Zeit setzten sich auch die Sicherheitsgurte in Pkw durch. Die Ölkrisen der 1970er-Jahre machten zudem Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu wichtigen Attributen eines Automobils. Der Luftwiderstand spielte eine immer größere Rolle und wurde formbestimmend für die Karosseriegestaltung. Ab den 1980er-Jahren wurde dem erhöhten Umweltbewusstsein durch Verwendung von Abgaskatalysatoren Rechnung getragen. Die ständig wachsenden Ansprüche an Komfort und passive Sicherheit führten bei Automobilen der letzten Jahre zu einem Anwachsen der Fahrzeugabmessungen und Massen. Zum Erhalt eines adäquaten Leistungsgewichts wurde es dabei erforderlich, die Motorleistung ständig zu erhöhen. Infolgedessen kam es trotz kräftig steigender Kraftstoffpreise und technischen Innovationen zu keinen merklichen Senkungen des realen Kraftstoffverbrauchs.

Packard Caribbean Hardtop (1956) mit Panoramascheibe, Vinyldach und Deifarbenlackierung in Dover White / Scottish Heather / Maltese Gray

Die Farben der Lackierung von Automobilen wandelten sich stetig und spiegelten den jeweiligen Zeitgeist wider. In der Vorkriegszeit war die Farbwahl auch durch damalige technische Möglichkeiten begrenzt. Standardfarbe des Automobils war zunächst Schwarz oder ein dunkler Ton. Helle Farben waren sehr teuer und Luxuswagen vorbehalten.[36] In den 1950er-Jahren verbreiteten sich zunehmend kräftige, immer hellere Farben – nicht nur bei Autos, unter anderem auch an Hausfassaden und Einrichtungsgegenständen. Ein anderer Trend kam aus den USA mit Pastell-Farbtönen und teilweise gewagten Zwei- und sogar Dreifarbenlackierungen.

Metallic-Lackierungen wurden ab den späten 1920er-Jahren entwickelt, setzten sich aber erst ab der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre durch. Die Entwicklung mündete in einer Dominanz von Weiß in den 1960er-Jahren. In den 1970er-Jahren gipfelte die Farbigkeit in der Verwendung besonders greller Töne. Seit den 1980er-Jahren dominieren wieder gedeckte Farben und Grautöne, häufig durch eine bestimmte Trendfarbe (etwa Rot Anfang der 1990er-Jahre) ergänzt. Bunt lackierte Autos wie etwa der VW Polo Harlekin blieben stets absolute Ausnahmeerscheinungen. Inwieweit die Farbtrends aus dem Inneren der Gesellschaft heraus oder aber gezielt zu Vermarktungszwecken gesetzt wurden, lässt sich nicht sicher beurteilen.

Fertigung und Verbreitung

Die Industrialisierung hielt 1902 mit der Einführung der Fließproduktion bei Oldsmobile und Rambler Einzug. Mit dem Ford T wurde ab 1913 erstmals ein Automobil in Fließbandfertigung hergestellt, was nicht nur zur allgemeinen Verbreitung des Automobils beitrug, sondern das Modell T außerdem für Jahrzehnte zum meistgebauten Pkw machte, mit einem Marktanteil in den USA von zeitweilig über 50 %. In Deutschland begann 1924 die Fließbandproduktion von Pkw mit dem Opel Laubfrosch. Trotz der Entwicklung solcher kleinen Pkw wie auch des Austin Seven und DKW F1 war das Automobil in Europa bis zum Zweiten Weltkrieg Behörden, dem Transportwesen und für private Zwecke nur wenigen vermögenden Personen vorbehalten. Mitte der 1930er-Jahre ordnete Adolf Hitler den Bau eines Volkswagens an – des späteren VW Käfer. Der Krieg verzögerte die Massenmotorisierung jedoch, die schließlich in den 1950er-Jahren in Westeuropa verwirklicht wurde. Im Zuge klimatologischer und stadtpolitischer Schwierigkeiten wird seit den 1970er-Jahren über eine Begrenzung des Individualverkehrs diskutiert. In anderen Ländern wie China ist es bis heute nicht zu einer Massenmotorisierung gekommen, die aus den vorhin genannten Gründen auch nicht möglich wäre.

Wichtige technische Innovationen

Aktuelle Entwicklungstendenzen

Verschiedene Entwicklungstendenzen lassen sich derzeit beobachten. So wird zum Beispiel die Integration der Informationselektronik verstärkt betrieben (Navigationssysteme, Unterhaltungsmedien für Mitfahrer usw.). Hauptthema ist auch die weitere Verbrauchssenkung oder ein alternativer Antrieb (s. Elektroauto). Die technischen Fortschritte auf dem Gebiet der Motorentechnik und des Leichtbaus werden jedoch zum Teil durch zusätzliche Komfort- und Sicherheitsausstattungen sowie stärkere Motorisierungen der Fahrzeuge zunichtegemacht. Trotzdem sinkt der Flottenverbrauch weiter ab. 2003 lag er in Deutschland bei 7,35 l/100 km. Grund ist vor allem der große Anteil von neu zugelassenen Dieselfahrzeugen. Dies führte auch dazu, dass der Gesamtabsatz an Benzin- und Dieselkraftstoff in Deutschland seit 1999 rückläufig ist. Die Politik muss wie beim Katalysator nachhelfen; 2007 behauptete der Entwicklungsvorstand von Porsche, falls die herstellerbezogene Flottenemission von 130 Gramm pro Kilometer Gesetz würde, dann gäbe es Porsche nach 2008 nicht mehr.[37]

Die wesentlichen Innovationsgebiete der Fahrzeugtechnik betreffen die Themenbereiche der Fahrerassistenzsysteme, Steer-by-Wire/Brake-by-Wire und des Antriebs durch Brennstoffzelle/Elektroantrieb/Hybridantrieb.

Weitere Entwicklungsfelder sind der Fußgängerschutz, die Verwendung wiederverwertbarer Rohstoffe sowie Führerlose Fahrsysteme. General Motors plant erste unbemannte Pkw im Test ab 2015 und in der Serienproduktion ab 2018.[38][39]

Im Mai 2014 gab Google bekannt, dass 100 Testfahrzeuge im Jahr 2015 gebaut werden sollen, bei denen auf Lenkrad, Bremse und Gaspedal verzichtet werden soll. Die Fahrzeuge sollen in den Privatbesitz wechseln und nicht quasi als führerlose Taxis bzw. Transportkapseln dienen. In einem Video zeigt Google wie Privatpersonen den Prototyp testen. Google vereint damit die drei Prinzipien Elektroauto, autonomes Fahren und Car-Sharing (s.a. Autonomes Landfahrzeug).[40][41][42]

Im Juli 2016 verkündete BMW eine Allianz mit Intel und Mobileye, mit dem Ziel, im Jahr 2021 ein Selbstfahrendes Kraftfahrzeug in Serie einzuführen.[43][44]


Siehe auch

Anmerkungen

  1. Systeme mit je einem Elektro- oder Dampfmotor an jedem Rad seit den 1890er Jahren

Literatur

  • Wolfgang Sachs: Die Liebe zum Automobil. Ein Rückblick in die Geschichte unserer Wünsche. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1984, ISBN 3-498-06166-6.
  • Daniela Zenone: Das Automobil im italienischen Futurismus und Faschismus. Seine ästhetische und politische Bedeutung. Berlin 2002, WZB, Forschungsschwerpunkt Technik, Arbeit, Umwelt, DNB 96737555X.
  • Peter M. Bode, Sylvia Hamberger, Wolfgang Zängl: Alptraum Auto. Eine hundertjährige Erfindung und ihre Folgen. Raben Verlag von Wittern, München 1986, ISBN 3-922696-46-5 (Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung: Alptraum Auto, Grün kaputt, Sein oder Nichtsein: Sein oder Nichtsein. Die industrielle Zerstörung der Natur).
  • Beverly Rae Kimes: Pioneers, Engineers, and Scoundrels. The Dawn of the Automobile in America. Herausgeber SAE (Society of Automotive Engineers) Permissions, Warrendale PA 2005, ISBN 0-7680-1431-X.
  • Beverly Rae Kimes (Hrsg.), Henry Austin Clark jr.: Standard Catalogue of American Cars 1805-1942. 3. Auflage. Krause Publications, Iola WI, 1996; ISBN 978-0-87341-428-9.
  • Richard von Frankenberg, Marco Matteucci: Geschichte des Automobils. Sigloch, Künzelsau 1973, DNB 760297916.
  • Hans-Otto Neubauer (Hrsg.): Chronik des Automobils. Chronik Verlag im Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh / München 1994, ISBN 3-570-14338-4.
  • Anthony Bird: De Dion Bouton – First automobile Giant. Ballantine’s Illustrated History of the Car marque book No 6., Ballantine Books Inc., New York 1971, Nr. 02322-6 (englisch).
  • Wolfgang Vogel: Ratschläge für den Ankauf von Motor-Wagen und -Rädern. Offizielles Automobilbuch des D.T.C.U. (Deutsche Touren-Club-Union), Monsenstein und Vannerdat, Münster (1. Auflage, 2016). Reprint der 2. Auflage von 1913. ISBN 978-394215318-8
  • Theodor Lehmbeck: Das Buch vom Auto: Bau und Betrieb des Automobils, Heel (1. Auflage, 2014). Reprint von 1920. ISBN 978-386852944-9

Weblinks

Commons: Automobile – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Automobil – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Automobil – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Gerald Görmer: Der Ursprung des Wagens. München 2008.
  2. Nationales Automobilmuseum (Hrsg.): Die großartigsten Autos des Jahrhunderts. Edition Belles Terres, Straßburg 2005, ISBN 2-913231-12-8, S. 130.
  3. Zeitgenossen unterstellten Hautsch, er habe einen kleinen Jungen im Wageninneren versteckt, der die Mechanik mit Körperkraft antrieb.
  4. Zitiert nach G. Schaetzel, Königlicher Postoffizial: Motor-Posten. Technik und Leistungsfähigkeit der heutigen Selbstfahrersysteme und deren Verwendbarkeit für den öffentlichen Verkehr. Verlag von R. Oldenbourg, München 1901.
  5. Nicolas Vallari malte das Automobil. Es findet sich im Finnischen Nationalmuseum als Inventar NM 79077. Der Darstellung nach war der Wagen mit Darstellungen von Amor und Venus verziert.
  6. https://books.google.de/books?id=tDGkWQglL4QC&pg=PA35&lpg=PA35&dq=Schießpulvermotor&source=bl&ots=6kvHmw6Jih&sig=RrmxwNOqx8jVy0Tdb Schießpulvermotor
  7. Aus der Entwicklungsgeschichte des Automobils. In: Kraftfahrzeugtechnik 4/1954, S. 97.
  8. Bird, Montagu of Beaulieu: Steam Cars, 1770–1970(1971), S. 52.
  9. Ein Jahrhundert Automobiltechnik – Nutzfahrzeuge. VDI-Verlag, 1987, ISBN 3-18-400656-6, S. 164, 174, 175.
  10. Ein Jahrhundert Automobiltechnik – Personenwagen. VDI Verlag, 1986, ISBN 3-18-400620-4, S. 368.
  11. Hinweise und Aufzeichnungen der Royal Society of London © 2002 The Royal Society
  12. Pierre Souvestre: Histoire de l’automobile. Paris 1907.
  13. Aus der Entwicklungsgeschichte des Automobils. In: Kraftfahrzeugtechnik 4/1954, S. 97.
  14. Bertha Benz Memorial Route, www.bertha-benz.de
  15. Heilmann im französischen Nationalarchiv (PDF; 2,1 MB), Seite 1: Historique.
  16. Bird: De Dion Bouton – First Automobile Giant. 1971, Covertext (Rückseite).
  17. Kimes: Pioneers, Engineers, and Scoundrels. 2005, S. 89.
  18. Motor Carriages, in Aberdeen Weekly Journal, 19. Dezember 1895. Zitat aus dem Englischen übersetzt.
  19. Siehe zum Beispiel die Times: Automobile Notes, 6. November 1906, S. 16.
  20. Kimes: Pioneers, Engineers, and Scoundrels. 2005, S. 415.
  21. Raghuram Rajan, Rodney Ramcharan: The Anatomy of a Credit Crisis: The Boom and Bust in Farm Land Prices in the United States in the 1920s. In: American Economic Review. 105(4), S. 1439–1477.
  22. Cynthia Clark Northrup (Hrsg.): The American Economy: Essays and primary source documents. ABC-CLIO, 2003, ISBN 1-57607-866-3, S. 327–328.
  23. Commercial Bulletin, Government of Palestine, 1934.
  24. Leon Dolm: The Automobile in Palestine. Ingenieursdiplomarbeit Universität Göteborg, Schweden, 1934.
  25. Auszug aus den schwedischen Gesetzen und Verordnungen über den Verkehr mit Kraftwagen. (in deutscher Sprache), Hof-Buchdruckerei, Stockholm 1916, S. 5 ff. (§ 13 und 14).
  26. Kimes: Pioneers, Engineers, and Scoundrels. 2005, geb. Ausgabe; S. 169.
  27. Pferdelenker oder Pferdeschinder? in: Die Neue Zeit vom 18. Dezember 1945, Ausgabe 127, 1. Jahrgang, S. 3
  28. Kimes, Clark: Standard Catalogue of American Automobiles. 1996, S. 10.
  29. Der Personenkraftwagen von Morgen. In: Kraftfahrzeugtechnik 10/1955, S. 357.
  30. Über die Problematik der Trambus-Bauweise In: Kraftfahrzeugtechnik 8/1960, S. 313-316.
  31. Erfahrungen mit Personenkraftwagen in Trambusbauweise. In: Kraftfahrzeugtechnik 5/1959, S. 192–195.
  32. Realitäten und Irrwege im Kleinwagenbau. In: Kraftfahrzeugtechnik 5/1954, S. 145–150 und 6/1954, S. 180–186.
  33. Konstruktionstendenzen im Kleinst- und Kleinwagenbau. In: Kraftfahrzeugtechnik 1/1956, S. 11–15.
  34. http://rc.opelgt.org/indexcw.php
  35. Kunststoffe sind keine Ersatzstoffe. In: Kraftfahrzeugtechnik 7/1957, S. 267.
  36. Alles im Lack. In: Oldtimer Markt 8/2013, S. 12–21.
  37. Behaupteter Ruin von Porsche durch Emissionsreduktion, im Jahr 2008
  38. spiegel.de: Autofahrer ab 2018 überflüssig.
  39. golem.de: CES: General Motors plant Autos ohne menschliche Fahrer.
  40. Meldung auf heise.de
  41. Google präsentiert sein Roboter-Elektroauto
  42. spiegel.de: Elektromobil vorgestellt: Die Google-Kugel
  43. Roman Domes: BMW-Allianz mit Intel und Mobileye: Erstes selbstfahrendes Auto kommt 2021. In: auto-motor-und-sport.de. Abgerufen am 2. Juli 2016.
  44. LIVE WEBCAST FROM MOBILEYE PRESS EVENT. In: mobileye.com. Abgerufen am 2. Juli 2016.