Saint-Avold

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Juli 2020 um 13:38 Uhr durch Tomkater (Diskussion | Beiträge) (Literatur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Saint-Avold
Saint-Avold (Frankreich)
Saint-Avold (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département (Nr.) Moselle (57)
Arrondissement Forbach-Boulay-Moselle
Kanton Saint-Avold (Hauptort)
Gemeindeverband Saint-Avold Synergie
Koordinaten 49° 6′ N, 6° 42′ OKoordinaten: 49° 6′ N, 6° 42′ O
Höhe 215–383 m
Fläche 35,48 km²
Einwohner 15.045 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 424 Einw./km²
Postleitzahl 57500
INSEE-Code
Website http://www.mairie-saint-avold.fr/

Vorlage:Infobox Gemeinde in Frankreich/Wartung/abweichendes Wappen in Wikidata

Saint-Avold (deutsch Sankt Avold, lothringisch Sänt Avuur) ist eine französische Stadt mit 15.045 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Moselle in der Region Grand Est (bis 2016 Lothringen). Sie liegt im Arrondissement Forbach-Boulay-Moselle und ist Hauptort (chef-lieu) des Kantons Saint-Avold. Die Einwohner von Saint-Avold sind die Naboriens oder Saint-Avoldiens.

Geschichte

509 erbaute der irische Mönch Fridolin von Säckingen auf dem Gebiet des heutigen Saint-Avold ein kleines Gotteshaus, bevor er später das Kloster Säckingen gründete. Sigebald, Bischof von Metz, ließ um 720 die spätere Abtei St. Nabor errichten. Am 24. August 765 brachte Chrodegang, Minister von Karl Martell und Pippin dem Kurzen, Reliquien der Heiligen Nabor und Felix in die Abtei. lm Verlauf des Mittelalters entwickelte sich um die Abtei St. Nabor (lat. „Monasterium Sancti Naboris“), die als Wallfahrtszentrum besucht wurde, eine kleine Stadt, die den Namen der Abtei übernahm. Infolge von Namensabschleifung wurde im lokalen rheinfränkischen Dialekt aus „Sankt Nabor“ „Santerfor“. Aus der lokalen Aussprache machte die französischsprachige Verwaltung später „Saint-Avaux“. Ab dem Jahr 1750 wurde daraus die amtliche Rechtschreibung „Saint-Avold“.[1]

Ab 1163 gehörte Saint-Avold zur Grafschaft Saarbrücken und entwickelte sich zu einem blühenden Handelszentrum. Um 1300 wurde eine gotische Kirche erbaut. 1313 wurde das erste Krankenhaus eröffnet. 1327 wurde die Stadt befestigt. 1534 übernahmen die Bürger die Stadtverwaltung.

Von 1581 bis 1766 gehörte die Stadt dem Herzog von Lothringen. Der Dreißigjährige Krieg setzte Saint-Avold stark zu: 1656 wurden nur noch 18 Einwohner gezählt, gegenüber 1.800 im 16. Jahrhundert. Mit den Verträgen von Rijswijk (1697) und Paris (1718), kehrte der Frieden zurück. Saint-Avold wurde wieder aufgebaut und eine erneute wirtschaftliche Blüte setzte ein.

1751 wurde Saint-Avold der Bailliage Boulay zugeschlagen. Im Jahr 1791, während der Französischen Revolution, wurde die Stadt im Gefolge antikirchlicher Tendenzen in Rosselgène (dt. Rosselquelle) umbenannt. 1814 richtete General Blücher sein Quartier in Saint-Avold ein. Bis 1818 war Saint-Avold von bayerischen Truppen besetzt.

Im 19. Jahrhundert profitierte Saint-Avold von der einsetzenden Industrialisierung. Dennoch wanderte ein Großteil der Bevölkerung aufgrund von Epidemien und Hungersnöten nach Amerika aus, vor allem in den Jahren 1818, 1849 und 1866. 1851 wurde die Eisenbahnverbindung nach Metz (Forbacher Bahn) eröffnet, 1852 nach Saarbrücken. Bei Carling wurden große Kohlevorkommen entdeckt, 1862 nahm das erste Bergwerk seinen Betrieb auf. Erneut begann eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs.

Von 1871 bis 1918 gehörte Saint-Avold zum Deutschen Reich. Die Stadt lag im lothringischen Kreis Forbach und wurde preußische Garnison: Dort war ab 1886 das Ulanen-Regiment Nr. 14 stationiert. 1890 kam das Feld-Artillerie-Regiment Nr. 33 hinzu, 1899 durch das Feldartillerie-Regiment Nr. 69 abgelöst. 1897 wurde das Infanterie-Regiment Nr. 173 mit Garnison St. Avold aufgestellt. Kurz vor Ausbruch des Weltkriegs kam noch das Jäger-Regiment zu Pferde Nr. 12 hinzu.

1910 hatte Saint-Avold 6.400 Einwohner, davon 2.500 Soldaten. Im Ersten Weltkrieg war St. Avold auch Ausbildungsstandort für z. B. das 1. Ersatz-Bataillon des Infanterie-Regiments 173. (s. „Der kleine Adolf – Die Geschichte(n) meines Großvaters“ von Achim Amme.)

Auch nach 1918 blieb Saint-Avold Garnisonsstadt. Ab 1928 wurde in unmittelbarer Nähe die Maginot-Linie errichtet. Im Zweiten Weltkrieg nahm am 27. November 1944 General Pattons 3. US-Armee Saint-Avold ein. Der Cimetière militaire américain von Saint-Avold ist der größte US-Soldatenfriedhof in Europa mit den Gräbern von 10.489 US-Soldaten.

Nach 1945 erfolgte dank der Kohle ein rascher Wiederaufbau. Zwischen 1945 und 1966 wuchs die Bevölkerung von 7.000 auf 18.000. In Carling siedelte sich erfolgreich die petrochemische Industrie an. Dort wurde auch das Kohlekraftwerk Emile Huchet (1873 MW installierte Nennleistung) errichtet, das inzwischen auch zwei gasgetriebene Kraftwerksblöcke hat[2]. Die 1971 fertiggestellte A 4 von Metz in Richtung Saarbrücken trug zum Aufschwung bei.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2007 2015
Einwohner 15.247 16.280 17.955 16.485 16.533 16.925 16.611 15.759

Sprachen

Auf dem Gebiet der Stadt Saint-Avold werden mehrere Sprachen verwendet. Die wichtigsten sind:

  • Französisch (Amtssprache)
  • Deutsch oder Hochdeutsch in Publikationen, Gottesdienstsprache und -gesang
  • Der rheinfränkische Ursprungsdialekt St. Avolds und seiner Umgebung ist aktuell stark rückläufig und im Aussterben begriffen. Im Jahr 1794 verbot ein Gesetz jede Amtshandlung in einer anderen Sprache als Französisch. In St. Avold wurde von diesem Gesetz allerdings nicht durchgängig Gebrauch gemacht. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich die französische Sprache zunehmend, während die Gottesdienste und der Religionsunterricht deutschsprachig blieben. In der Oberschicht St. Avolds wurde der rheinfränkische Dialekt zugunsten der französischen und deutschen Hochsprache tendenziell abgelehnt. Somit sank das Rheinfränkische zur Sprache der einfachen Leute und des Alltags herab.

Mit der Angliederung St. Avolds an das Deutsche Kaiserreich im Jahr 1871, der Abwanderung profranzösischer Bewohner und der Zuwanderung von Menschen aus dem deutschen Sprachraum verstärkte sich der deutschsprachige Aspekt wieder in der Stadt. Seit dem Jahr 1872 wurde der Schulunterricht ausschließlich in deutscher, das heißt hochdeutscher, Sprache abgehalten. Das „Platt“ blieb weiterhin die Sprache des Alltags. Im Jahr 1902 gründete der St. Avolder Schriftsteller Hans Koch zusammen mit dem Metzer Schriftsteller Otto Flake und dem Colmarer Lyriker Ernst Stadler die expressionistische Zeitschrift Der Stürmer, die Zeitschrift des Vereins „Das jüngste Elsaß“. Koch lieferte ebenso Beiträge zu den Zeitschriften Die Weißen Blätter und Die Aktion.

Mit der Angliederung St. Avolds an Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Französischsprachigkeit stark forciert. Die seit 1871 zugewanderten Deutschen wurden, wie überall im ehemaligen Reichsland Elsaß-Lothringen, zwangsausgewiesen. Die Unterrichtssprache war nun das Französische und Deutschunterricht gab es nur noch in wenigen Stunden pro Woche. Der Religionsunterricht und die Gottesdienste blieben noch weitgehend deutschsprachig. Im Jahr 1930 veröffentlichte die gebürtige St. Avolderin Adrienne Thomas (Hertha Strauch) ihren Antikriegsroman „Die Katrin wird Soldat“ in deutscher Sprache, der sie über Nacht berühmt machte und in der Folgezeit in 16 Sprachen übersetzt wurde. In der Zeit des Nationalsozialismus zählte Thomas zu den verfemten deutschen Schriftstellern. Mit der Angliederung St. Avolds an NS-Deutschland im Jahr 1940 (CdZ-Gebiet Lothringen) wurde das Hochdeutsche wieder ausschließliche Amts- und Unterrichtssprache. Der rheinfränkische Dialekt („Platt“) wurde weiterhin von der Bevölkerung verwendet.

Mit der Angliederung St. Avolds an Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Zurückdrängung der deutschen Sprachtradition massiv betrieben und der Dialektgebrauch erlebte eine lange Phase des Niedergangs. Nur noch im alltäglichen Sprachgebrauch der älteren Bevölkerung und in mundartlichen Theaterstücken, Liedern und Gedichten tauchte die rheinfränkische Tradition noch auf. Im Jahr 1967 wurde die deutsche Sprache als reguläre Gottesdienstsprache in St. Avold endgültig abgeschafft.[3] Seit dem Jahr 1986 kann man in der gymnasialen Oberstufe Unterricht zum Thema „Sprache und Kultur der moselländischen Gegend“ belegen. Im Jahr 2004 legte eine Dialekt-Konferenz unter der Leitung des Sprachwissenschaftlers Albert Hudlett in St. Avold eine Charta zur Harmonisierung der Schreibweisen unterschiedliche Dialektvarianten des Rheinfränkischen fest. Aktuell organisieren mehrere kulturelle Gruppen sowie das Tourismusbüro der Stadt Saint-Avold verschiedene kulturelle Veranstaltungen zum Erhalt des rheinfränkischen „St. Avolder Platt“.

Politik

Bürgermeister

- seit dem 20. Jahrhundert -

  • 1894–1908: Robert Hein
  • 1908–1918: Joseph Koestel
  • 1919–1934: Théodore/Theodor Paqué
  • 1934–1950: Barthélémy/Bartholomäus Crusem
  • 1951–1959: Jean Robert
  • 1971–1977: Denis Klein
  • 1977–2001: François Harter
  • 2001–: André Wojciechowski

Städtepartnerschaften

Die Partnerschaft mit dem heutigen Saarbrücker Stadtteil Dudweiler im Saarland war 1964 eine der ersten deutsch-französischen Städtepartnerschaften nach dem Krieg und spielte somit eine wichtige Rolle in der Annäherung der beiden Staaten. Des Weiteren bestehen partnerschaftliche Verbindungen zu Fayetteville (North Carolina) in den Vereinigten Staaten.

Sehenswürdigkeiten

  • Die Klosterkirche St. Nabor im frühklassizistischen Stil wurde zwischen 1754 und 1769 neu errichtet. Das Bauwerk aus Buntsandstein ersetzte eine romanische Kirche aus dem 11. Jahrhundert, die zwischen 1515 und 1520 erneuert wurde.
  • Die Basilika Notre-Dame-de-Bon-Secours im neoromanischem Stil wurde im Jahr 1902 fertiggestellt. Auf der Kuppel der Kirche erhebt sich das Lothringerkreuz als Symbol Lothringens.
  • Die evangelische Kirche (Temple protestant) wurde im Jahr 1889 nach Plänen des Architekten Conrad Wahn errichtet, als nach dem Deutsch-Französischen Krieg deutsche Protestanten nach St. Avold zogen.
  • Die Synagoge wurde nach Plänen des Metzer Architekten Roger Zonca in den Jahren 1959 bis 1960 errichtet und ersetzt die frühere Synagoge, die im Jahr 1940 unter dem NS-Regime geschändet und anschließend als Spritzenhaus der St. Avolder Feuerwehr genutzt worden war.
  • Der Amerikanische Militärfriedhof von St. Avold ist mit 46 Hektar der größte US-amerikanische Soldatenfriedhof des Zweiten Weltkrieges in Europa. Er ist die Grablege von 10.489 US-Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg bei der Eroberung des Rheins getötet wurden.

Persönlichkeiten

- in chronologischer Reihenfolge -

Literatur

  • Friedrich Toepfer: Beilagen II. Hombourg und Saint-Avold In: ders. (Bearb.): Urkundenbuch für die Geschichte des graeflichen und freiherrlichen Hauses der Voegte von Hunolstein, Bd. III. Fr. Campe, Nürnberg 1872, S. 220–224 (Google-Books)
  • Hans Walter Hermann: Réflexions sur le développement urbain de la ville de Saint-Avold au Bas Moyen-Age, 2004.
  • Denis Schneider: Saint-Avold aux XVIIIème et XIXème siècles, croissance et stagnation d’une petite ville des confins germaniques (voir en ligne).
  • Jean-Yves Pennerath. Les problèmes linguistiques à Saint-Avold et dans sa région avant la Révolution française, 1997 (voir en ligne).
  • André Pichler et Pascal Flaus: Histoire des Saint-Avold par ses monuments religieux (Societé d’Histoire du Pays Naborien), Merzig 2015.
Commons: Saint-Avold – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. André Pichler et Pascal Flaus: Histoire des Saint-Avold par ses monuments religieux (Societé d´Histoire du Pays Naborien), Merzig 2015, S. 15.
  2. Informationen der E.ON France zum Kraftwerk Emile Huchet; eingesehen am 26. April 2011
  3. André Pichler et Pascal Flaus: Histoire des Saint-Avold par ses monuments religieux (Societé d’Histoire du Pays Naborien), Merzig 2015, S. 143.