Belgien

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Koninkrijk België (niederländisch)
Royaume de Belgique (französisch)
Königreich Belgien (deutsch)
Flagge Wappen
Wahlspruch: Eendracht maakt macht (niederländisch)
L’union fait la force (französisch)
Einigkeit macht stark (deutsch)
ÖsterreichBelgienBulgarienRepublik ZypernTschechienDeutschlandDänemarkDänemarkEstlandSpanienFinnlandFrankreichFrankreichVereinigtes KönigreichVereinigtes KönigreichGriechenlandGriechenlandUngarnIrlandItalienItalienItalienLitauenLuxemburgLettlandNiederlandePolenPortugalRumänienSchwedenSlowenienSlowakeiIslandMontenegroNordmazedonienKroatienTürkeiTürkeiMaltaSerbienGrönlandFäröerNorwegenNorwegenIsle of ManGuernseyJerseyAndorraMonacoSchweizLiechtensteinVatikanstadtSan MarinoAlbanienKosovoBosnien und HerzegowinaRepublik MoldauBelarusRusslandUkraineAutonome Republik KrimKasachstanAbchasienSüdossetienGeorgienAserbaidschanAserbaidschanArmenienIranLibanonSyrienIsraelJordanienSaudi-ArabienIrakRusslandTunesienAlgerienMarokko
Amtssprache Niederländisch, Französisch, Deutsch
Hauptstadt Brüssel
Staatsoberhaupt König der Belgier Philippe
Regierungschef Premierminister Charles Michel
Fläche 30.528[1] km²
Einwohnerzahl 11.584.008[2] (1. Januar 2022)
Bevölkerungsdichte 379 Einwohner pro km²
Bevölkerungs­entwicklung Vorlage:Steigen +0,6 % (2013)[3] pro Jahr
Bruttoinlandsprodukt
  • Total (nominal)
  • Total (KKP)
  • BIP/Einw. (nominal)
  • BIP/Einw. (KKP)
2011[4]
  • $ 513,3 Milliarden (23.)
  • $ 413,2 Milliarden (31.)
  • $ 46.878 (17.)
  • $ 37.737 (19.)
Index der menschlichen Entwicklung   0,881 (21.) (2013)[5]
Währung Euro (EUR)
Unabhängigkeit 4. Oktober 1830 (Proklamation),
19. April 1839 (internationale Anerkennung)
National­hymne de jure: keine
de facto: Brabançonne
Nationalfeiertag 21. Juli (Tag der Vereidigung von König Leopold I.)
Zeitzone UTC+1 MEZ
UTC+2 MESZ (März bis Oktober)
Kfz-Kennzeichen B
ISO 3166 BE, BEL, 056
Internet-TLD .be
Telefonvorwahl +32
Administrative Gliederung BelgiensLuxemburgNiederlandeFrankreichNordseeDeutschlandBrüsselProvinz WestflandernProvinz OstflandernProvinz AntwerpenProvinz Limburg (Belgien)Provinz Flämisch-BrabantProvinz HennegauProvinz NamurProvinz Wallonisch-BrabantProvinz LüttichProvinz Luxemburg
Administrative Gliederung Belgiens
Administrative Gliederung Belgiens
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Das Königreich Belgien (niederländisch Koninkrijk België/?, französisch Royaume de Belgique) ist ein Staat in Westeuropa. Es liegt an der Nordsee und grenzt an die Niederlande, Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Belgien zählt rund elf Millionen Einwohner auf einer Fläche von 30.528 Quadratkilometern.

Seit der Unabhängigkeit 1830 und Verfassungsgebung 1831 ist Belgien eine konstitutionelle Erbmonarchie[6] (siehe auch belgische Monarchie). Der Norden des Landes mit den Flamen ist niederländisches, der Süden mit den Wallonen französisches Sprachgebiet. Brüssel ist offiziell zweisprachig, faktisch aber mehrheitlich frankophon.[7] Im Osten sind Hochdeutsch und westmitteldeutsche Mundarten verbreitet.

Der anhaltende flämisch-wallonische Konflikt prägt die gegensätzlichen Interessen der Vertreter der beiden großen Bevölkerungsgruppen in der belgischen Politik. Seit den 1970er Jahren wird daher versucht, diesem Problem durch eine Dezentralisierung der Staatsorganisation zu begegnen. Dazu wurde Belgien in einen Bundesstaat, bestehend aus sechs Gliedstaaten – drei Regionen und drei Gemeinschaften – umgewandelt. Die Regionen Flandern, Wallonien und Brüssel-Hauptstadt sowie die Flämische, Französische und Deutschsprachige Gemeinschaft bilden heute die politische Grundlage des Landes.

Belgien ist Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der heutigen Europäischen Union (EU), deren wichtigste Institutionen in seiner Hauptstadt Brüssel ihren Sitz haben. Der belgische Staat ist des Weiteren neben den Niederlanden und Luxemburg Mitglied in der Wirtschaftsunion Benelux.

Landesname und Überblick

Der Name „Belgien“ rührt von der römischen Provinz Gallia Belgica her. Dieser nordöstliche Teil Galliens wurde von Stämmen keltischer (d.h. die Belger) und germanischer (d.h. Germani cisrhēnani) Herkunft bewohnt. Im 18. Jahrhundert galt das französische Adjektiv belge oder belgique dann als Entsprechung von Nederlands ‚niederländisch‘; der kurzlebige unabhängige belgische Staat von 1790 hieß z. B. auf Französisch États belgiques unis und wurde auf Niederländisch meist Verenigde Nederlandse Staten genannt. Später beschränkte sich der Gebrauch von belge und belgique mehr und mehr auf die südlichen Niederlande, das heutige Belgien.

Seit Ende des Mittelalters bis ins 17. Jahrhundert war Belgien ein Hort kulturellen und wirtschaftlichen Schaffens und Reichtums. Ab dem 16. Jahrhundert war Belgien Kriegsschauplatz vieler Schlachten der europäischen Machthaber, so auch während des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Belgien nahm intensiv an der Industriellen Revolution teil und besaß Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts mehrere Kolonien außerhalb Europas.

Geographie

Abgesehen vom Bergland der Ardennen im Südosten ist Belgien weitgehend eben. Die Küste ist 72,3 km lang. 25 % der Landfläche werden für Landwirtschaft genutzt. Ungefähr 95 % aller Belgier leben in Städten. Laut den Berechnungen des Königlichen Belgischen Instituts für Naturwissenschaften hat Belgien eine Fläche von 30.528 km².

Gewässer

Es gibt unter anderem folgende Flüsse und Kanäle:

Geschichte

Rathaus und Zentrum der alten Stadt in Brüssel

Als Provinz Belgica – ein von Cäsar eingeführter Name – erlebte das heutige Gebiet Belgien viele Herrschaften. Es war im Frühmittelalter Teil des fränkischen Reiches und wurde bei dessen Teilungen ebenfalls immer wieder politisch geteilt. Später war es überwiegend Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches und zerfiel in einzelne Herzogtümer und Grafschaften.

Vom Hochmittelalter bis zur frühen Neuzeit stellten die Städte Flanderns mit ihren Tuchindustrien eines der beiden Zentren der europäischen Wirtschaft dar (neben den Städten Norditaliens). Die einzelnen Territorien gerieten politisch unter das Haus Burgund, das 1477 von den Habsburgern beerbt wurde.

Zunächst regierte der spanische Zweig der Habsburger, danach waren es die österreichischen Niederlande. 1794 wurde es vom revolutionären Frankreich annektiert. 1815, auf dem Wiener Kongress, wurde Belgien den Niederlanden zugesprochen.

Nach der belgischen Revolution wurde das Land 1830 unabhängig. Es wurde eine parlamentarische Monarchie errichtet und Leopold von Sachsen-Coburg zum ersten König der Belgier ernannt. Leopold II., Sohn des ersten Königs, erwarb den Kongo in Afrika als Privatbesitz. Nachdem die Kongogräuel (brutale Exzesse bei der wirtschaftlichen Ausbeutung des Kongo) international bekannt geworden waren, musste Leopold das Gebiet 1908 als Kolonie an den belgischen Staat abtreten. Während Leopolds Schreckensherrschaft waren in dem afrikanischen Land schätzungsweise 10 Millionen Menschen durch Sklaverei und Zwangsarbeit ums Leben gekommen.[9] 1960 wurde der Kongo unabhängig.

Im Ersten Weltkrieg wurde das neutrale Belgien entsprechend dem Schlieffen-Plan in die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen Kaiserreich und Frankreich als Durchgangsland einbezogen und von der kaiserlichen deutschen Armee fast gänzlich eingenommen. Auf den Partisanenkrieg der Wallonen reagierte das deutsche Militär mit Vergeltungsschlägen in Form von Erschießungen, Bränden und Geiselnahmen. In Dinant und mehreren anderen belgischen Städten kam es zu regelrechten Massakern an der Zivilbevölkerung. Ob es überhaupt eine größere Partisanenaktivität gegeben hat, ist heute umstritten (siehe Francs-tireurs). Im Verlauf des Stellungskrieges wurden viele Städte in Flandern zerstört. Als im Deutschen Reich die Arbeitskräfte knapp wurden, mussten Zehntausende belgische Zivilisten – Flamen wie Wallonen – Zwangsarbeit für das kaiserliche Militär und die deutsche Rüstungsindustrie leisten.[10]

Nach dem Krieg annektierte Belgien die mehrheitlich von Deutschen bewohnten Gebiete der Region um Eupen und Malmedy; die weiteren eingeforderten Gebiete bis zum Rhein hin wurden dem Staat allerdings nicht übertragen. Die vertraglich vereinbarte Volksabstimmung in Eupen-Malmedy wurde vom belgischen Staat unter extrem undemokratischen Bedingungen durchgeführt, da man mit einer Abstimmungsniederlage rechnete. Belgien beteiligte sich später auch an der Ruhrbesetzung.

Im Zweiten Weltkrieg verhielt sich das Land anfangs neutral, wurde dann aber wieder vom Militär als Durchgangsland nach Frankreich besetzt, verlor seine annektierten Gebiete wieder und gelangte in den Einflussbereich der nationalsozialistischen Diktatur Hitlers. Minderheiten wie Juden und Roma wurden in Konzentrationslager deportiert.[11] Bis zur Befreiung durch die Westalliierten hatte es – wie halb Europa – unter der Willkürherrschaft der nationalsozialistischen Diktatur und die jüdische Bevölkerung unter ihrer Verfolgung und Vernichtung zu leiden; Städte und Landschaften blieben aber weitgehend von Kriegszerstörungen verschont. Lediglich im Osten des Landes, vor allem um Sankt Vith und Bastogne, führte die Ardennenoffensive im Winter 1944/45 zu schweren Zerstörungen.

Die bereits seit 1944 geplante Zoll- und Wirtschaftseinheit von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg wurde im Haager Vertrag am 3. Februar 1958 vereinbart und ist am 1. November 1960 in Kraft getreten (Beneluxländer). Belgien gehört zu den Gründerstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und spielt seither eine wichtige Rolle im europäischen Einigungsprozess. Das Land bzw. die belgische Hauptstadt Brüssel wurde Sitz internationaler Organisationen wie der NATO und der Europäischen Union.

Die Innenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg war von einer Föderalisierung geprägt, die sezessionistische Tendenzen der verschiedenen Sprachräume, insbesondere des flämischen Nordens, abzumildern versuchte. Zeitweise gewannen die auf eine Unabhängigkeit der Landesteile zielenden Parteien große Wähleranteile.

Siehe auch: Liste der belgischen Premierminister, Belgisch-Kongo, Flämisch-wallonischer Konflikt und Flämische Bewegung

Recht

Politik

Staatsform und Institutionen

Der Palast der Nation, Sitz des belgischen Bundesparlaments

Belgien ist eine bundesstaatlich organisierte konstitutionelle Erbmonarchie[6] mit einem Zweikammerparlament. Die Bundeslegislative setzt sich zusammen aus dem König sowie den beiden Parlamentskammern, der bedeutenderen Abgeordnetenkammer mit 150 und dem Senat mit 60 Mitgliedern. Der König gehört gleichzeitig auch der Exekutive an, die er zusammen mit der 15-köpfigen Föderalregierung bildet, der wiederum der Premierminister als primus inter pares vorsteht.

Die föderalen Institutionen sind verantwortlich für Justizwesen, Finanzpolitik, innere Sicherheit, Außenpolitik, Landesverteidigung und soziale Sicherheit.

Parteien

Die meisten Parteien, vor allem die größeren, haben ihre Basis entweder in Flandern oder in Wallonien. Die deutschsprachigen Parteien sind nur regional tätig.

Parteien im Bundesparlament (2014)
Partei Sitze[12] Anmerkung
Flämische Parteien
Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA) 33 flämische Separatisten, ehemals verbunden mit den flämischen Christdemokraten
Christen-Democratisch en Vlaams (CD&V) 18 flämische Christdemokraten
Open Vlaamse Liberalen en Democraten (Open VLD) 14 flämische Liberale
Socialistische Partij Anders (SP.a) 13 flämische Sozialisten
Groen 6 flämische Grüne, ehemals Agalev und SLP
Vlaams Belang 3 flämische rechtspopulistische Separatisten, ehemals Vlaams Blok
Frankophone Parteien
Parti Socialiste (PS) 23 französischsprachige Sozialisten
Mouvement Réformateur (MR) 20 französischsprachige Liberale
Centre Démocrate Humaniste (CDH) 9 französischsprachige Christdemokraten
Ecolo 6 französischsprachige Grüne
Parti du Travail de Belgique (PTB–GO!) 2 französischsprachige Marxisten
Fédéralistes démocrates francophones (FDF) 2 französischsprachige Nationalisten, ehemals verbunden mit den französischsprachigen Liberalen
Parti Populaire (PP) 1 französischsprachige rechtsliberale Partei

Flämisch-wallonischer Konflikt

Belgien ist von innerer Zerrissenheit – vor allem zwischen der flämischen (niederländischsprachigen) und der in Wallonien und in Brüssel lebenden frankophonen (französischsprachigen) Volksgruppe – geprägt. So sind zum Beispiel Volkszählungen, welche die gesprochene Sprache der Einwohner erheben seit 1961 verboten.[13] Tendenziell nehmen die Spannungen eher zu. Insbesondere die Wahlerfolge separatistischer flämischer Parteien führten zu der häufig geäußerten Annahme, dass es letztendlich früher oder später zu einer Abspaltung Flanderns vom belgischen Gesamtstaat käme. Als problematisch wird hierbei insbesondere der künftige Status der von der französischsprachigen Bevölkerungsgruppe geprägten Hauptstadt Brüssel und seines verwaltungsmäßig zu Flandern gehörenden Umlandes, die zusammen den Wahlkreis Brüssel-Halle-Vilvoorde bildeten, sowie die bisherige Einbindung Belgiens in verschiedene internationale Organisationen gesehen; zudem wäre die Zukunft des Königshauses ungewiss.

Aktuelle politische Entwicklungen

Im März 2008 verständigten sich flämische und frankophone Christdemokraten (CD&V und cdH) und Liberale (VLD und MR) sowie die wallonischen Sozialisten (PS) auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung mit Yves Leterme (CD&V) als Ministerpräsidenten. Leterme wurde daraufhin am 20. März 2008 gewählt.[14]

Am 18. Dezember 2008 teilte der Kassationshof – das höchste ordentliche Gericht in Belgien – in einem Brief an den Kammervorsitzenden Herman Van Rompuy mit, dass Leterme versucht habe, das Gericht in der Frage des geplanten Verkaufs der belgischen Bank Fortis an den französischen Finanzkonzern BNP Paribas zu beeinflussen; dies hatte Leterme kurz zuvor noch bestritten. Tags darauf trat die gesamte Regierung Leterme zurück.[15]

Ab dem 30. Dezember 2008 führte Herman Van Rompuy (CD&V) die belgische Föderalregierung, welche sich aus derselben Fünfparteien-Koalition zusammensetzte. Nachdem er jedoch am 19. November 2009 zum ersten ständigen Präsidenten des Europäischen Rates designiert worden war, legte er sein Amt als Premierminister am 25. November 2009 wegen Unvereinbarkeit der Ämter nieder. Am gleichen Tag noch wurde Yves Leterme erneut zum Premierminister ernannt und führte seither seine zweite Föderalregierung in dieser Legislaturperiode.[16]

Diese zweite Regierung unter Yves Leterme zerbrach im April 2010 wieder, als nach internen Streitigkeiten um eine Lösung im Konflikt um den zweisprachigen Wahlkreis Brüssel-Halle-Vilvoorde die flämische liberale Partei Open VLD ihren Rückzug aus der Regierung bekanntgab.[17] Bei den vorgezogenen Neuwahlen am 13. Juni 2010 gewann die separatistische Neu-Flämische Allianz (N-VA) unter Bart De Wever 27 der 150 Sitze und stellt damit unter den flämischen Parteien die stärkste Fraktion im Parlament. In Wallonien wurde die sozialistische PS von Elio Di Rupo stärkste politische Kraft.

König Albert II. setzte folglich nacheinander acht verschiedene Vermittler ein, die allesamt mit einer Regierungsbildung scheiterten. Erst Elio Di Rupo gelang es als offizieller Formateur in seiner Sondierung mit sechs Parteien, eine Koalitionsregierung zu bilden. Der Wahlsieger in Flandern – die rechtskonservativ-separatistische N-VA – nahm an diesen Verhandlungen nicht teil; damit hat die Regierung Di Rupo I, die am 5. Dezember 2011 ernannt wurde, keine Mehrheit auf flämischer Seite.[18] Mit dem Sozialisten Elio Di Rupo wurde erstmals seit dem Ende der letzten Regierung von Paul Vanden Boeynants 1979 ein Frankophoner zum belgischen Ministerpräsidenten gewählt. Bis zu seiner Wahl blieb die Regierung Leterme geschäftsführend im Amt. Die Zeitspanne von 540 Tagen von der Wahl bis zur Bildung der neuen Regierung stellt einen Rekord in der modernen Weltgeschichte dar.

Am 21. Juli 2013 – dem belgischen Nationalfeiertag – dankte König Albert II. zugunsten seines ältesten Sohnes Philippe ab, nachdem er dies am 3. Juli 2013 angekündigt hatte.[19]

Am 11. Oktober 2014 wurde die neue Regierung unter dem frankophonen Premierminister Charles Michel vereidigt. Im Gegensatz zu den bisher üblichen breiten Koalitionen stammen alle beteiligten Parteien, die Neu-Flämische Allianz (N-VA), die Christlichdemokraten und die Liberalen auf flämischer Seite sowie Michels Liberale auf frankophoner Seite, aus dem Mitte-Rechts-Spektrum.[20]

Europapolitik

Belgien hat eine strategische geographische Position im Herzen Europas, inmitten eines europäischen Ballungsraumes und in der Nähe der größten Seehäfen. Dadurch besteht eine gewisse Abhängigkeit vom internationalen Handel, wobei die wichtigsten Handelspartner die Nachbarstaaten Niederlande, Deutschland und Frankreich sind. Das macht Belgien zu einer der offensten Volkswirtschaften in der Europäischen Union (EU). Vor diesem Hintergrund verfolgt Belgien traditionell eine Öffnungspolitik zu den europäischen Nachbarn, zum einen durch die Benelux-Gemeinschaft, zum anderen im Rahmen des Europarates und der Europäischen Union, zu deren Gründungsmitgliedern Belgien gehört. Das Land ist ebenfalls Gründungsmitglied der Europäischen Währungsunion. Eurobarometer-Umfragen zeigen regelmäßig, dass die belgische Bevölkerung etwa zu zwei Drittel pro-europäisch eingestellt ist, was über dem EU-Durchschnitt von knapp über 50 Prozent liegt.[21] Die belgische Hauptstadt Brüssel ist Sitz mehrerer EU-Institutionen und Agenturen wie die Kommission, das Parlament, der Ministerrat, der Wirtschaft- und Sozialausschuss oder der Ausschuss der Regionen, sowie zahlreicher Lobbying-Gruppen, Nichtregierungsorganisationen usw., die im Bereich der Europapolitik arbeiten.

Die belgischen Regierungen seit 1945 haben sich für den Aufbau Europas eingesetzt. Unter belgischem Ratsvorsitz in der zweiten Hälfte 2001 wurde die Einberufung des Verfassungskonvents beschlossen, der einige Jahre später den Vertrag über eine Verfassung für Europa (VVE) hervorbringen sollte. Belgien setzte sich für den Ratifizierungsprozess des VVE ein und – nach dessen Scheitern – für die Erhaltung der Substanz des VVE im Vertrag von Lissabon, der am 13. Dezember 2007 unterschrieben wurde und am 1. Dezember 2009 in Kraft trat.

Belgiens Verteidigungspolitik stützt sich nicht nur auf die NATO (Belgien ist Gründungsmitglied), sondern auch auf die EU im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Die Hauptstadt Brüssel ist sowohl Sitz der NATO-Hauptorgane als auch der Europäischen Verteidigungsagentur der EU, was Belgien zum Zentrum der euro-atlantischen Verteidigungsstrukturen macht. Das Land stellt für die European-Battle-Groups-Truppen bereit und beteiligt sich an Einsätzen der EU, beispielsweise an der EUFOR. Durch seine historischen Verbindungen zum afrikanischen Land Kongo hat sich Belgien als Meinungsführer bei Angelegenheiten der Großen Seen und Zentralafrikas innerhalb der EU etabliert und ist maßgeblich um eine friedliche Stabilisierung des Ostkongo bemüht.

Durch Belgiens föderale Struktur, die der Lokalebene außerordentlich viele Kompetenzen zuweist, sind sowohl die Regionen als auch die Gemeinschaften maßgeblich an der Formulierung der belgischen Europapolitik beteiligt, jedoch zugleich von der Umsetzung politischer Ziele der EU betroffen – was eventuelle lokale Unterschiede bei der Umsetzung erklärt. Zum Beispiel sind sie zuständig für Kulturpolitik und können in diesem Bereich Verträge mit ausländischen Staaten abschließen, sodass sie im Ausland ein eigenständiges Profil aufgebaut haben, zum Beispiel indem sie in einigen belgischen Botschaften Kulturreferenten stellen.

In der zweiten Hälfte 2010 hatte Belgien den Vorsitz des Ministerrates inne. Diese belgische Ratspräsidentschaft bildete das Mittelstück der Trio-Präsidentschaft mit Spanien (erste Hälfte 2010) und Ungarn (erste Hälfte 2011). Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wurde der Belgier Herman Van Rompuy in das neugeschaffene Amt des Präsidenten des Europäischen Rates berufen.

Militär

4e Régiment de Chasseurs à Cheval

Die Belgischen Streitkräfte (ndl. Defensie van België, frz. Armée belge) untergliedern sich in Heer, Marine, Luftstreitkräfte und medizinisches Korps (niederländisch Medische Component, französisch Corps médical). 2006 hatten die Belgischen Streitkräfte eine Stärke von 36.000 Mann. Der freiwillige Wehrdienst wurde formell 1994 abgeschafft. Die Verteidigungsausgaben betrugen 2006 2,5 Milliarden Euro.

Die Landstreitkräfte sind mit 24.600 die größte der Teilstreitkräfte. Sie können auf einen Fuhrpark von 300 Kampfpanzern, 989 gepanzerten Fahrzeugen und 288 Artilleriegeschützen zurückgreifen.

Die belgische Luchtmacht bzw. Force Aérienne Belge ist mit 6.350 Mann die zweitgrößte Teilstreitkraft. Ihr stehen 72 F-16-Kampfflugzeuge sowie 31 Hubschrauber zur Verfügung.

Die Marine ist in einem gemeinsamen Benelux-Kommando organisiert. Sie verfügt über zwei Wielingen-Fregatten, sechs Minenjäger und ein Flusspatrouillenschiff.

Polizei

Die Polizeireform von 2001 hat eine auf zwei Ebenen strukturierte integrierte Polizei geschaffen:

  • Föderale Polizei (nld. Federale Politie, frz. Police Fédérale), mit einem Generalkommissariat und drei Generaldirektionen (der Verwaltungspolizei, der Kriminalpolizei und der Direktion für Unterstützung und Verwaltung). Diese sind zum Teil auch auf Provinz- bzw. Gerichtsbezirksebene dezentralisiert.
  • Lokale Polizei (nld. Lokale Politie, frz. Police Locale) mit ihren momentan 195 Polizeizonen ist aus kommunalen Polizeieinheiten und der bis 2001 bestehenden Rijkswacht/Gendarmerie gebildet worden.

Verwaltungsgliederung

LuxemburgNiederlandeFrankreichNordseeDeutschlandBrüsselDeutschlandBrüsselFlämische GemeinschaftDeutschsprachige GemeinschaftFranzösische Gemeinschaft Belgiens
Die drei Gemeinschaften Belgiens: Französische, Flämische und Deutschsprachige Gemeinschaft
LuxemburgNiederlandeFrankreichNordseeDeutschlandBrüsselFlandernWallonische Region
Die drei Regionen Belgiens: Wallonische und Flämische Region sowie Region Brüssel-Hauptstadt

Belgien ist seit 1993 ein Bundesstaat, der sich sowohl in drei Regionen als auch in drei Gemeinschaften gliedert. Als nachgeordnete Verwaltungseinheiten bestehen zehn Provinzen und 43 Arrondissements. Die lokale Selbstverwaltung wird von den 589 Gemeinden ausgeübt.

Sowohl die Regionen als auch die Gemeinschaften sind Gliedstaaten des belgischen Bundesstaates; sie unterscheiden sich durch ihre territoriale Abgrenzung und ihre Kompetenzen. Die Regionen (ndl. gewesten, frz. régions) sind zuständig für große Bereiche der Wirtschafts-, Umwelt-, Verkehrs- und Agrarpolitik, zudem üben sie die Rechts- und ggf. Fachaufsicht über Provinzen, Arrondissements und Gemeinden aus. Die Gemeinschaften (ndl. gemeenschappen, frz. communautés; früher häufig auch als Kultur- bzw. Sprachgemeinschaften bezeichnet) verantworten das gesamte Bildungswesen, die Kulturpolitik sowie weitere „personenbezogene Angelegenheiten“ (Bereiche der Familien-, Gesundheits- und Sozialpolitik, unter anderem die öffentlichen Krankenhäuser). Auch im Vergleich mit anderen Bundesstaaten verfügen Regionen und Gemeinschaften zusammengenommen über ein hohes Maß an Kompetenzen, zudem können sie in ihren Verantwortungsbereichen eigenständig Verträge mit ausländischen Staaten abschließen. Vom belgischen Staat abgeschlossene internationale Verträge, die Kompetenzen der Regionen bzw. Gemeinschaften betreffen, bedürfen der Zustimmung derer Parlamente; dies gilt beispielsweise für die Verträge der Europäischen Union. Bei der Bundesebene sind vor allem die Zuständigkeit für Außen-, Verteidigungs- und Finanzpolitik, die sozialen Sicherungssysteme sowie die Polizei und Justiz verblieben.

Die territoriale Abgrenzung der Regionen und Gemeinschaften richtet sich nach den Sprachgebieten: Die Flämische Region umfasst das niederländische Sprachgebiet, die Wallonische Region das französische und das deutsche Sprachgebiet, die Region Brüssel-Hauptstadt das zweisprachige französisch-niederländische Gebiet. Die Flämische Gemeinschaft übt ihre Befugnisse auf dem niederländischen und dem zweisprachigen Sprachgebiet aus, die Französische Gemeinschaft auf dem französischen und dem zweisprachigen Sprachgebiet, die Deutschsprachige Gemeinschaft auf dem deutschen Sprachgebiet. Regionen und Gemeinschaften verfügen jeweils über ein eigenes Parlament und eine eigene Regierung. Allerdings haben die Flämische Gemeinschaft und die Flämische Region ihre Institutionen zusammengelegt, so dass es nur ein Flämisches Parlament und eine Flämische Regierung gibt, die sowohl die Befugnisse der Region als auch die der Gemeinschaft ausüben.

Außerdem kennt man in Belgien auf einer tieferen Verwaltungsebene die insgesamt zehn Provinzen, die innerhalb der Regionen liegen:

Die unterste Verwaltungsebene stellen die 589 Gemeinden dar (siehe auch Liste der Gemeinden Belgiens).

Staatshaushalt

(Quelle: Eurostat)

Der Staatshaushalt umfasste 2009 Ausgaben von 183 Milliarden Euro. Dem standen Einnahmen von 163 Milliarden Euro gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 20 Milliarden Euro beziehungsweise 6,0 % des Bruttoinlandsprodukts.[22] Bemerkenswerterweise ist es Belgien in den Jahren zwischen 1995 und 2007 gelungen, den relativen Anteil der Staatsverschuldung am Bruttosozialprodukt deutlich abzubauen. Dieser Erfolg wird allerdings durch die Eurokrise seit 2007 gefährdet. Am 25. November 2011 stufte die Ratingagentur Standard & Poor’s Belgien von der Bewertung AA+ auf AA herab. Begründet wurde dies mit der schwelenden Staatskrise, dem geringen Wachstum und dem wachsenden Druck der Finanzmärkte.[23]

Die Staatsverschuldung betrug 2011 361,7 Milliarden Euro oder 98 % des Bruttoinlandsprodukts.[22]

2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung 1948–2013

Die Bevölkerung Belgiens wird in der Regel in Sprachgruppen eingeteilt. Genaue Daten zur tatsächlichen Verteilung sind seit der Festlegung der Sprachgrenze 1962 nicht mehr erhoben worden. Hiernach stellen die niederländischsprachigen Flamen knapp 60 % der Bevölkerung. Die Wallonen und die französischsprachigen Bewohner der Region Brüssel-Hauptstadt und ihres Umlandes, die meist zusammenfassend als französischsprachige Belgier bezeichnet werden, umfassen etwas weniger als 40 % der Einwohner des Landes. Hinzu kommt, als dritte Bevölkerungsgruppe mit einem offiziellen Sprachgebiet, die Deutschsprachige Gemeinschaft im Osten des Landes mit unter einem Prozent (76.128 Einwohner).

Weitere Minderheiten verfügen nicht über ein offizielles Sprachgebiet. Dazu gehören kleinere, westgermanische Dialekte sprechende Minderheiten im offiziell französischen Sprachgebiet (luxemburgisch im Areler Land und Platdiets in den Plattdeutschen Gemeinden). Als Voyageurs[25], gens de voyage[26] oder Woonwagenbewoners[27] werden in Belgien lebende Gruppen sowohl der Jenischen[28], Manouches und Roma als auch einheimische Wohnwagenbewohner bezeichnet. Die gens du voyage werden auf insgesamt 15.000 bis 20.000 Personen, entsprechend 0,15 % der belgischen Bevölkerung, geschätzt.[29] Die weitere Wohnbevölkerung besteht aus Zugewanderten aus vielen Teilen Europas und Afrikas.

Im Jahr 2012 hatten 25 % der Gesamtbevölkerung einen Migrationshintergrund. Seit 1945 gab es 2,8 Millionen neue Belgier ausländischer Abstammung.[30] Hiervon sind rund 1,2 Millionen europäischer Abstammung und rund 1,35 Millionen[31] stammen aus Ländern außerhalb Europas (Marokko, Türkei, Algerien, Kongo). Seit der Lockerung des belgischen Staatsangehörigkeitsrechts haben über 1,3 Millionen Migranten die belgische Staatsbürgerschaft erworben. Die größte Gruppe der Einwanderer und ihrer Nachkommen in Belgien sind Marokkaner mit mehr als 450.000[30] Menschen. Türken bilden die zweitgrößte ethnische Minderheit mit rund 220.000 Personen. 89,2 % der Einwohner türkischer Herkunft wurden eingebürgert sowie 88,4 % der Marokkaner, 75,4 % der Italiener, 56,2 % der französischen und 47,8 % der niederländischen Bevölkerung.[30][32]

Sprachen

Die Sprachgebiete Belgiens:
  • Niederländisches Sprachgebiet
    (in der Mitte ist das zweisprachige Gebiet Brüssel eingezeichnet)
  • Französisches Sprachgebiet
  • Deutsches Sprachgebiet
  • In Belgien gibt es heute drei Amtssprachen:

    Seit der Unabhängigkeit Belgiens 1830 galt allein Französisch als Amtssprache des Staates. Im Jahr 1873 wurde Niederländisch als zweite offizielle Amtssprache im belgischen Königreich zwar rechtlich anerkannt, doch blieb immer noch Französisch die Verwaltungs- und Unterrichtssprache in ganz Belgien. 1919 kam Deutsch als Amtssprache im neu hinzugewonnenen Gebiet im Osten dazu: Ostbelgien gehörte zuvor zum Deutschen Kaiserreich und wurde nach dem Versailler Vertrag dem belgischen Staat angeschlossen. Erst danach forderte die große Mehrheit der Flamen mit Nachdruck, dass ihre niederländische Muttersprache auch als Verwaltungs- und Unterrichtssprache an Schulen und Universitäten verwendet und der französischen Amtssprache gleichgestellt werden sollte.

    1921 erkannte die belgische Regierung die territoriale Einsprachigkeit seiner Bewohner in den drei regionalen Sprachgebieten an: die niederländische Sprachzone in Flandern, die französische Sprachzone in der Wallonie und die neue deutsche Sprachzone in Ostbelgien. Der flämisch-wallonische Konflikt zwischen den niederländischsprachigen und den französischsprachigen Einwohnern dauert jedoch bis heute an. In der zweisprachigen Hauptstadt Brüssel sind Französisch und Niederländisch Amtssprachen (siehe auch Sprachenverhältnisse in Brüssel).

    Viele belgische Internetseiten gibt es nur in niederländischer oder französischer Sprache. Falls vorhanden, ist der Umfang der deutschsprachigen Unterseiten meist dürftig. Beachtenswert ist, dass Google seine Suchmaschine speziell für Belgien in vier Sprachversionen anbietet: Niederländisch, Französisch, Deutsch und Englisch.[33]

    Den Status von Regionalsprachen haben seit 1990 das romanische Lothringisch, Champenois, das fränkische Lothringisch (Francique), Picardisch und Wallonisch.

    Religion

    Kathedrale St. Michael und St. Gudula in Brüssel

    Etwa 75 Prozent der belgischen Staatsbürger sind römisch-katholisch, rund 1 Prozent gehören der Vereinigten Protestantischen Kirche an und 8 Prozent islamischen Gemeinden.[30] Der Anteil nicht konfessionell gebundener Menschen beträgt etwa 16 Prozent.

    Im Jahr 2011 lebten eine Million Einwohner mit muslimischem Hintergrund in dem Land.[30] Muslime stellen 30–35 Prozent[34] der Bevölkerung in Brüssel, 4,0 Prozent in Wallonien und 3,9 Prozent in Flandern. Die Mehrheit der belgischen Muslime lebt in den großen Städten wie beispielsweise Antwerpen, Brüssel und Charleroi. Die größte Gruppe der Einwanderer in Belgien sind Marokkaner mit 400.000[30] Menschen. Die Türken sind die drittgrößte Einwanderergruppe und die zweitgrößte muslimische Volksgruppe mit 220.000 Menschen.[30][32]

    Die föderale belgische Regierung erkennt sechs Religionen und eine nicht-konfessionelle Weltanschauung an und unterstützt sie: die anglikanische Kirche, den Islam, das Judentum, die römisch-katholische Kirche, die orthodoxe Kirche, die Vereinigte Protestantische Kirche von Belgien und die freigeistige Weltanschauungsgemeinschaft.

    Homosexualität

    Homosexualität ist in Belgien gesellschaftlich weitgehend akzeptiert. Belgien gilt als sehr tolerantes Land hinsichtlich Homosexualität. Homosexuelle Handlungen wurden bereits im Jahr 1974 entkriminalisiert; seit 2003 existieren zudem Antidiskriminierungsgesetze. Als zweiter Staat der Welt öffnete Belgien nach den Niederlanden im Jahr 2003 die Ehe für homosexuelle Partner.

    Bildung

    Das Bildungssystem ist in Belgien aufgrund der weitreichenden Befugnisse der einzelnen Gemeinschaften unterschiedlich, das Hochschulwesen wurde aber im Zuge des Bologna-Prozesses weitgehend auf zwischengemeinschaftlicher und europäischer Ebene vereinheitlicht. Die föderale Instanz von Belgien ist zuständig für die Pensionen der Lehrer, das Festlegen des Minimalwissens zur Erlangung eines Diploms und für die Schulpflicht (vom 6. bis zum 18. Lebensjahr).

    Schulen der Flämischen Gemeinschaft

    Ab zweieinhalb oder vier Jahren besuchen Kinder normalerweise eine Art Kindergarten mit Vorschule (nld. Kleuteronderwijs, frz. École maternelle). Ab sechs Jahren gehen die Kinder sechs Jahre auf die Grundschule (nld. Basisonderwijs, frz. École primaire). Belgische bzw. flämische Schulen sind öffentlich (flämische Gemeinschaft), frei (subventioniert; meist katholische Schulen) oder privat (nicht subventioniert). In vielen Fällen haben katholische Schulen ein höheres Bildungsniveau als staatliche. Als erste Fremdsprache wird Französisch ab dem fünften Schuljahr unterrichtet. Ab dem siebenten Schuljahr erfolgt der Unterricht auf einer der Sekundarschulen.

    Die Sekundärschulen (nld. Secundair onderwijs, frz. Enseignement secondaire) werden wie folgt unterteilt:

    a) erste Schulstufe (vom 12. bis 14. Jahr)
    b) zweite und dritte Schulstufe (vom 14. bis 18. Jahr): Wahl zwischen
    • ASO (allgemeiner sekundärer Unterricht)
    • KSO (kunstbildender sekundärer Unterricht)
    • TSO (technischer sekundärer Unterricht)
    • BSO (beruflicher sekundärer Unterricht)
    c) vierte Schulstufe (ab dem 18. Jahr; keine Schulpflicht): hauptsächlich Krankenpflegeschulen

    Englischunterricht hat man ab dem zweiten Lehrjahr des sekundären Unterrichts auf einer ASO. Gewöhnlich kann ein Schüler zwischen den folgenden Richtungen wählen: Mathematik, Griechisch, Latein, Naturwissenschaften. In den späteren Jahren kommen noch weitere Richtungen wie Wirtschaft/Handel, Humanwissenschaften und moderne Sprachen hinzu. Ein Großteil der belgischen Schüler der fünften und sechsten Klasse auf einer ASO hat auch mindestens eine Stunde Deutsch pro Woche, manchmal auch drei.

    Auf KSO-Schulen, die es meistens nur in großen Städten gibt, hat der Schüler die Auswahl zwischen z. B. Comiczeichnen, Computergrafik etc. Der Schüler nimmt zudem am Englisch- und Französischunterricht sowie Mathematik teil. Abgeschlossen wird mit dem Diploma Secundair Onderwijs (Abitur), mit dem man Zugang zu einem Hochschulstudium erhält.

    Da Schulpflicht bis 18 besteht, kann ein Schüler, sobald dieses Alter erreicht wurde, die Schule verlassen oder warten, bis er das Diploma erhalten hat. Ausnahmen bilden BSO-Schulen: Dort kann ein Schüler bereits früher die Schule verlassen und der Schulpflicht mit einer Lehre/Berufsausbildung nachkommen.

    Schulen der Französischen Gemeinschaft

    Kinder können ab dem Alter von zweieinhalb Jahren in einen Kindergarten (École gardienne) aufgenommen werden. Vom sechsten bis zum zwölften Lebensjahr besuchen Schüler die Primarstufe (Enseignement primaire). Die Klassenstufen werden von der première primaire bis zur sixième primaire durchgezählt. Ab der deuxième primaire können die französischsprachigen Schüler als zweite Sprache Niederländisch lernen.

    Die Sekundarstufe umfasst wie die Primarstufe sechs Jahre, sie bietet zwei unterschiedliche Ausbildungsrichtungen:

    • klassisch-humanistische Richtung mit drei Jahren École moyenne inférieure und nachfolgend drei Jahren École moyenne supérieure mit dem Abschluss Diplôme d’humanités, das dem deutschen Abitur entspricht.
    • technisch-wirtschaftswissenschaftliche Richtung enseignement technique ou professionel mit ebenfalls sechs Jahren Unterricht und dem Abschluss Diplôme technique oder Diplôme professionnel.

    Schulen der Deutschsprachigen Gemeinschaft

    Die Schulbildung hat die gleiche Alterseinteilung wie in den anderen Teilen Belgiens: Ab dem dritten Lebensjahr kann der Kindergarten besucht werden. Ab dem fünften oder sechsten Lebensjahr besucht man dann eine sechsjährige Primarschule. Weitere sechs Jahre werden auf einer Sekundarschule absolviert. Einige Schulen umfassen alle drei Altersstufen, können also vom Kindergarten bis zum Abitur besucht werden. Andere Schulen können nur vom Kindergarten bis zum sechsten Schuljahr besucht werden, anschließend muss auf eine andere Schule gewechselt werden. Manche Schulen sind reine Sekundarschulen (siebtes bis zwölftes Schuljahr).

    Bereits ab dem ersten Schuljahr wird Französisch unterrichtet. Ab dem achten Schuljahr kommt als dritte Sprache Englisch hinzu.

    Ab dem neunten Schuljahr kann ein Schüler in einigen Schulen zwischen Sozial-, Naturwissenschaften, Sprachen, Kunst, Sekretariat, Wirtschaftswissenschaften oder Elektronik wählen.

    Bei der Sprachenabteilung (neusprachlicher Zweig) erlernt man neben Englisch und Französisch noch Italienisch, Spanisch und Niederländisch.

    Unterrichtspflicht besteht bis zum 18. Lebensjahr, wobei man dieser Pflicht auch mit einer Lehre entsprechen kann. Dort muss man lediglich zweimal die Woche zur Berufsschule.

    In der DG gibt es auf einigen Schulen eine sogenannte berufliche Abteilung (z. B. Robert-Schuman-Institut-EUPEN[35] und Bischöfliche Schule – Technisches Institut St. Vith). Diese Abteilung ist sehr gut für lernschwache Schüler geeignet, allerdings auch für Schüler, die ihren Berufswunsch schon genau kennen. Das erhaltene Abitur ist mit einem Fachabitur zu vergleichen. Um ein solches Abitur zu erhalten, muss man die Schule noch ein Jahr länger besuchen, hier sind es nämlich insgesamt 13 Jahre.

    In den berufsbildenden Abteilungen kann ein Schüler zwischen Büro, Friseur, Kochen, Schreinerei oder sozialen Berufen wählen.

    In den darauffolgenden Jahren wird man in seinem gewählten Fach ausgebildet. Die allgemeinen Fächer sind auf ein Minimum reduziert, dafür wird man optimal auf seinen späteren Beruf vorbereitet.

    Hochschulen

    Belgien hat elf Universitäten:

    Den Universitäten gleichgestellte Einzelfakultäten sind die Evangelisch-Theologische Fakultät Löwen (Evangelische Theologische Faculteit), die Fakultät für Protestantische Theologie Brüssel (Faculteit voor Protestantse Godgeleerdheid) und die Königliche Militärakademie (Koninklijke Militaire School / École royale militaire).

    In Brügge befindet sich auch das bekannte Europakolleg.

    Neben den Universitäten existieren in den drei Gemeinschaften zahlreiche Hochschulen (Hautes Ecoles/Hogescholen) und mehrere Kunsthochschulen (Ecoles Supérieures des Arts).

    Wirtschaft

    Im Vergleich mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Europäischen Union, ausgedrückt in Kaufkraftstandards, erreichte Belgien 2005 einen überdurchschnittlichen Index von 118 (EU-25: 100).[36]

    Verteilung der erwerbstätigen Bevölkerung nach Sektoren (Stand: 2003):

    Tourismus

    Die Ardennen

    Der Tourismus spielt in Belgien eine große Rolle. Vor allem Deutsche, Briten, Luxemburger, Franzosen und Niederländer besuchen Belgien. Bei den Briten ist außerdem eine Art Erster-Weltkrieg-Tourismus entstanden. In Westflandern stehen noch viele alte Kriegsdenkmäler und -friedhöfe. Daneben sind die Ferienbadeorte an der belgischen Nordseeküste (Knokke-Heist, Bredene, De Panne, Nieuwpoort, Oostende und andere) sehr beliebt. Außerdem sind auch die Ardennen eine vielbesuchte Urlaubsregion. Von der belgischen Nordseeküste aus kann man viele Tagestouren unternehmen, etwa in die Nachbarländer Frankreich und Niederlande oder Großbritannien. Als besonders nachgefragt haben sich auch Städtetouren nach Brüssel, Hasselt, Gent, Antwerpen und andere erwiesen. Die Stadt Brügge ist aber wahrscheinlich die Stadt mit dem größten Tourismus. Sie wird gelegentlich Venedig des Nordens genannt. Es existiert ein eigenständiger Tourismusverband für Flandern sowie ein weiterer für das übrige Belgien.

    Energiepolitik

    Der Kohlenstoffdioxidausstoß pro Kopf des Landes gehört zu den weltweit höchsten. Belgien besitzt zwei in Betrieb befindliche Kernkraftwerke. 1999 wurde ein Atomausstieg vom Parlament beschlossen (siehe auch: Kernenergie nach Ländern).

    Im November 2011 wurde bekannt, dass das Land von 2015 bis 2025 aus der Atomkraft aussteigen will. Die sieben belgischen Atommeiler sollen sukzessive abgeschaltet werden.[37]

    Medien

    Die föderale Struktur Belgiens spiegelt sich auch in der Medienszene des Landes wider. Es gibt quasi drei voneinander unabhängige Medienwelten in Niederländisch, Französisch und Deutsch.

    Der flämische Zeitungsmarkt ist der größte und wird von drei Verlagskonzernen dominiert: Corelio Media (u. a. Herausgeber von De Standaard, Het Nieuwsblad), De Persgroep (u. a. Herausgeber von Het Laatste Nieuws, De Morgen, De Tijd) und Concentra (u. a. Herausgeber von Het Belang van Limburg, Metro). Die bedeutendsten Verlagsunternehmen in der Wallonie sind Rossel (u. a. Herausgeber von Le Soir wie auch Mitherausgeber von L’Echo und Grenzecho) sowie IPM/Medi@bel.

    Im Rundfunkbereich existieren für die drei Sprachgemeinschaften jeweils separate öffentlich-rechtliche Sender: VRT (Vlaamse Radio- en Televisieomroep) für Flandern, RTBF (Radio Télévision Belge Francophone) für die Wallonie und der BRF (Belgischer Rundfunk) für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Von den deutschstämmigen Ostbelgiern werden neben den BRF-Programmen viele Radio- und Fernsehprogramme aus dem nahen Deutschland genutzt.

    Bedeutendste deutschsprachige Zeitung ist das in Eupen täglich erscheinende Grenzecho. Zu den Zeitschriften zählen unter anderem die deutschsprachige Ausgabe des Belgischen Staatsblattes (Amtsblatt der belgischen Regierung) in Brüssel, die landwirtschaftliche Publikation Der Bauer aus St. Vith, das städtische Mitteilungsblatt Eupen aktuell, das Verbandsorgan Der Öffentliche Nahverkehr in der Welt – Public Transport International aus Brüssel oder das Quartalsmagazin Geschwënn – Zäitschrëft vum Arelerland für die Deutschsprachigen in Südostbelgien um die Stadt Arlon/Arel.

    Regionale Disparitäten

    Bereits seit dem 19. Jahrhundert bestehen in Belgien Streitigkeiten zwischen den französisch sprechenden Wallonen und den niederländisch sprechenden Flamen (Siehe auch: Flämisch-wallonischer Konflikt). Ein aktueller Streitpunkt hat seine Ursache in wirtschaftlichen Unterschieden zwischen den Landesteilen: Da sich die ehemals von Kohle- und Stahlindustrie geprägten wallonischen Regionen in einer Rezessionsphase befinden, ist die Arbeitslosigkeit dort im Vergleich zu den flämischen Regionen deutlich erhöht. Gleichzeitig wird das belgische Bruttonationaleinkommen zu zwei Dritteln in Flandern erwirtschaftet. Die flämische Region zahlt einen Solidarbeitrag, der in der Wallonie vor allem zur Finanzierung von Sozialleistungen verwendet wird. Diese Zahlungen sind jedoch in der flämischen Region politisch umstritten. Der wachsende Unmut über die wirtschaftliche Schwäche der wallonischen Region manifestiert sich insbesondere in der flämischen Separatistenbewegung, deren Hauptorganisationsträger die Partei Vlaams Belang ist.

    Kennzahlen

    Belgien ist Teil des Europäischen Binnenmarkts. Zusammen mit 18 anderen EU-Mitgliedstaaten (blau) bildet es eine Währungsunion, die Eurozone.

    Die wichtigen Wirtschaftskennzahlen Bruttoinlandsprodukt, Inflation, Haushaltssaldo und Außenhandel entwickelten sich in den letzten Jahren folgendermaßen:

    Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real
    in % gegenüber dem Vorjahr
    Jahr 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
    Veränderung in % gg. Vj. 1,4 0,8 3,2 1,7 2,7 2,9 1,0 −2,8 2,4 1,8 −0,2
    Quelle: Eurostat[38]
    Entwicklung des BIP (zu Marktpreisen)
    absolut (in Mrd. Euro) je Einwohner (in Euro)
    Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Jahr 2007 2008 2009 2010 2011
    BIP in Mrd. Euro 335 345 339 356,1 369,8 377,1 BIP je Einw. (in Kaufkraftstandards) 28.800 28.900 27.700 29.100 29.800
    Quelle: Eurostat[39]
    Entwicklung der Inflationsrate Entwicklung des Haushaltssaldos
    in % gegenüber dem Vorjahr in % des BIP
    („minus“ bedeutet Defizit im Staatshaushalt)
    Jahr 2006 2007 2008 2009 2011 2012 Jahr 2006 2007 2008 2009 2011 2012
    Inflationsrate 2,3 1,8 4,5 0,0 3,5 2,6 Haushaltssaldo 0,2 −0,3 −1,3 −6,0 −3,7 −3,0
    Quelle: Eurostat[40]
    Entwicklung des Außenhandels
    in Mrd. Euro und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
    2009 2010 2011
    Mrd. Euro % gg. Vj. Mrd. Euro % gg. Vj. Mrd. Euro
    (1. Hj.)
    % gg.Vj.
    Einfuhr 253,3 −20,5 296,7 17,1 331,5 11,7
    Ausfuhr 265,4 −17,2 308,3 16,2 342,4 11,1
    Saldo 12,1 11,6 10,9
    Quelle: gtai[41]

    Verkehr

    Eisenbahn

    Belgien war das erste Land in Kontinentaleuropa mit Eisenbahnverbindungen. Die staatliche Eisenbahngesellschaft heißt SNCB/NMBS und betreibt eines der am dichtesten ausgebauten Bahnnetze weltweit. Für Brüssel ist ein RER-Netz (S-Bahn) in Vorbereitung.[42]

    Schifffahrt

    Belgien ist ein wichtiges Transitland zwischen Mittel- und Westeuropa. Der wichtigste Hafen ist Antwerpen an der Schelde, einer der größten und wichtigsten Seehäfen der Welt. Auch der Seehafen von Brügge-Zeebrügge gilt als einer der modernsten und wichtigsten in Europa. Traditionelle Bedeutung als Fährhafen besaß, bis zur Eröffnung des Eurotunnels, der Hafen von Ostende.

    Flugverkehr

    Der wichtigste Flughafen des Landes ist Brüssel-Zaventem. Weitere Flughäfen sind Brüssel-Charleroi, Lüttich, Antwerpen und Ostende-Brügge.

    Die staatliche belgische Fluggesellschaft war bis zu ihrem Bankrott am 6. November 2001 die traditionsreiche Sabena. Sie ging in der SN Brussels Airlines auf, die sich wiederum mit Virgin Express zur Brussels Airlines vereinigte.

    Straßenverkehr

    Belgien besitzt ein sehr gut ausgebautes Autobahnnetz, das – wie auch alle anderen Straßen in Belgien – fast komplett mit Straßenlaternen ausgestattet und nachts beleuchtet ist. Jedoch soll diese Beleuchtung aus Gründen der Stromersparnis und damit des Klimaschutzes künftig eingeschränkt werden und folglich zwischen 0:30 Uhr und 4:30 Uhr abgeschaltet bleiben. Aufgrund des hohen ausländischen Verkehrsaufkommens war für 2008 eine Autobahnmaut in Höhe von 60 Euro geplant, die für heftige Diskussionen gesorgt hatte, allerdings bis heute nicht eingeführt wurde.

    Kultur

    Gastronomie

    Ein belgisches Biergeschäft

    Eine typische gesamtbelgische Küche gibt es nicht, da zahlreiche Spezialitäten eher der flämischen Küche oder der Küche Walloniens zuzuordnen sind oder von den Kochkünsten der Nachbarländer, insbesondere Frankreichs (genauer: Lothringens), inspiriert sind. Es wurde aber eine weltbekannte Erfindung in Belgien gemacht, die häufig falsch eingeordnet wird: Pommes frites. Belgische Waffeln stellen ebenfalls eine Spezialität dar. Die bekanntesten Waffelvarianten sind die Brüsseler und die Lütticher Waffeln. Des Weiteren ist Belgien für seine Pralinen bekannt, welche zur Weltspitze gehören. Eine weitere Besonderheit ist die Sortenvielfalt der belgischen Biere, darunter zahlreiche Abteibiere (Abdijbier, Bière d’Abbaye) mit höherem Alkoholgehalt, auf besondere Weise vergorene Biere (z. B. Lambic, Geuze) oder mit Fruchtaromen versetzte Biere. Die am meisten verbreiteten Biersorten sind Jupiler und Stella Artois, die beide zum belgischen Brauereikonzern InBev, ehemals Interbrew, gehören.

    Sport

    Ein beliebter Sport in Belgien ist Fußball. Die 1. belgische Liga ist eine der ältesten der Welt. In den 1970er und 1980er Jahren gehörte das belgische Nationalteam (Rote Teufel genannt) zur internationalen Spitze. Seit der Teilnahme an der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 hatte sich Belgien nicht mehr für ein internationales Turnier qualifizieren können, am 11. Oktober 2013 qualifizierte sich Belgien erstmals nach zwölf Jahren wieder für eine Fußball-Weltmeisterschaft. (Siehe auch: Fußball in Belgien)

    Der Nationalsport in Belgien ist jedoch der Radsport. Deswegen hat Belgien auch einige Berühmtheiten im Radsport hervorgebracht. So gehörten und gehören Eddy Merckx, Roger De Vlaeminck, Johan Museeuw, Peter Van Petegem sowie Tom Boonen zu den besten Radsportlern der Welt. Wichtige Eintagesklassiker finden in Belgien statt, beispielsweise Lüttich–Bastogne–Lüttich und die Flandern-Rundfahrt.

    Auch der Tennissport ist im Aufwind. Die flämische Kim Clijsters und die wallonische Justine Henin gehörten lange Zeit zu den besten Spielerinnen der Welt.

    In der Leichtathletik ist Kim Gevaert (100 und 200 m) Europameisterin und Tia Hellebaut (Hochsprung) Olympiasiegerin.

    Nicht vergessen werden sollte Carambolage und Billard Artistique, in denen die Sportler René Vingerhoedt und Raymond Ceulemans über Jahre die Szene dominierten. Auch für viele Amateur- und Kneipenspieler hat Billard einen hohen Stellenwert.

    Der Rundkurs von Spa-Francorchamps wird zu den anspruchsvollsten Strecken im Motorsport gezählt. Hier gastieren in regelmäßigen Abständen internationale Rennserien, darunter seit 1950 die Formel 1. Zu den Höhepunkten gehört auch das jährlich stattfindende 24-Stunden-Rennen.

    Mit dem Circuit Zolder verfügt Belgien über eine zweite Rennstrecke von überregionaler Bedeutung. Von 1973 bis 1984 trug hier ebenfalls die Formel-1-Rennen aus. Nivelles-Baulers, der dritte Kurs, auf dem Formel-1-Rennen stattfanden, existiert nicht mehr.

    Auf der Speedwaybahn von Heusden-Zolder wurden bereits mehrmals internationale Prädikatsrennen ausgefahren. Auf der Grasbahn in Alken in der Provinz Limburg wurde bereits das Finale zur Grasbahn-Europameisterschaft ausgetragen.

    Comics

    Comics sind in Belgien generell sehr populär; ein großer bekennender Fan war zum Beispiel König Baudouin. Den „Bandes Dessinées“ (kurz BD, französisch) oder „Strips“ (niederländisch) begegnet man häufig im Stadtbild, jede gute belgische Buchhandlung hat spezielle BD-Abteilungen und sogar in jedem großen Supermarkt findet man sie.

    Comics sind ein Hauptexportartikel belgischer Verlage, denn viele international bekannte und berühmte Comiczeichner und Autoren stammen aus Belgien, das damit im Vergleich zu seiner Größe die meisten in Europa hervorgebracht hat. Die berühmtesten sind Willy Vandersteen (Suske und Wiske), Jean Graton (Michel Vaillant), Morris (Lucky Luke), Hergé (Tim und Struppi), Peyo (Die Schlümpfe und weiteres), André Franquin (Spirou und Fantasio, Gaston und Marsupilami) und Philippe Geluck (Le Chat).

    Belgische Kinospielfilmproduktion[43]
    Jahr Anzahl
    1975 14
    1985 7
    1995 8
    2005 28

    In Belgien ist es möglich, Comic als Studienrichtung an Kunsthochschulen wie der Königlichen Akademie für bildende Kunst und dem Institut Saint-Luc in Brüssel zu studieren. Daher werden die Bandes Dessinées in Belgien auch als „neunte Kunst“ tituliert.

    Kaum verwunderlich, dass es in Brüssel auch ein Comic-Museum gibt (Centre Belge de la Bande Dessinée), in dem dieser Kunstrichtung auf drei Etagen gehuldigt wird.

    Musik

    Im 15. und 16. Jahrhundert, der Zeit der Renaissance, waren zahlreiche Komponisten aus dem Gebiet des heutigen Belgien, vor allem aus dem Hennegau, führend und stilprägend in Europa (die sogenannten Niederländer). Bedeutende Namen sind Guillaume Du Fay, Johannes Ockeghem, Josquin Desprez, Heinrich Isaac, Jacob Obrecht, Adrian Willaert, Orlando di Lasso. Der französische Komponist César Franck wurde in Lüttich geboren, verbrachte seine ersten dreizehn Lebensjahre in Belgien und war dort bereits musikalisch aktiv, bevor die Familie 1835 nach Paris umsiedelte.

    Im Jazz sind der Mundharmonikaspieler Toots Thielemans, der Tenorsaxophonist und Flötist Bobby Jaspar und der Gitarrist Philip Catherine international hervorgetreten.

    Unter den bekanntesten Bands im 21. Jahrhundert gelten dEUS, Gotye und Hooverphonic.

    Sehenswürdigkeiten

    Persönlichkeiten

    Siehe auch

    Portal: Belgien – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Belgien

    Literatur

    • Claus Hecking: Das politische System Belgiens. Leske und Budrich, Opladen 2003, ISBN 3-8100-3724-9.
    • Frank Berge, Alexander Grasse: Belgien – Zerfall oder föderales Zukunftsmodell? Der flämisch-wallonische Konflikt und die Deutschsprachige Gemeinschaft. Leske und Budrich, Opladen 2003 (Regionalisierung in Europa, Band 3), ISBN 3-8100-3486-X.
    • Johannes Koll (Hrsg.): Belgien. Geschichte – Politik – Kultur – Wirtschaft. Aschendorff Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-402-00408-1.
    • Insa Meinen: Die Shoah in Belgien. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-534-22158-5.

    Weblinks

    Wikimedia-Atlas: Belgien – geographische und historische Karten
    Wiktionary: Belgien – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
    Commons: Belgium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
    Wikivoyage: Belgien – Reiseführer
    Wikisource: Belgien – Quellen und Volltexte

    Einzelnachweise

    1. Bodemgebruik - Statistieken & Analyses. In: statbel.fgov.be. Abgerufen am 23. Februar 2015 (niederländisch).
    2. Bevölkerung nach Wohnsitz, Nationalität, Familienstand, Alter und Geschlecht. In: statbel.fgov.be. Statbel – Direction générale Statistique – Statistics Belgium (Föderaler Öffentlicher Dienst);
    3. Google Public Data Explorer – Weltbank. Google Inc., abgerufen am 12. August 2014.
    4. World Economic Outlook Database, April 2012 des Internationalen Währungsfonds
    5. Human Development Report Office: Belgium – Country Profile: Human Development Indicators, abgerufen am 26. Oktober 2014.
    6. a b Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Monarchie in Belgien.
    7. "Bruxelles, singulière et spécifique", La Libre Belgique, 18. August 2010.
    8. Büllingen – die Rekordgemeinde. dglive.be, abgerufen am 16. November 2011.
    9. Dieter H. Kollmer: Die belgische Kolonialherrschaft 1908 bis 1960. In: Bernhard Chiari, Dieter H. Kollmer (Hrsg.): Wegweiser zur Geschichte Demokratische Republik Kongo. 2. Aufl., Paderborn u. a. 2006, S. 45.
    10. Vgl. Jens Thiel: »Menschenbassin Belgien«. Anwerbung, Deportation und Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg. Essen 2007.
    11. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische "Lösung der Zigeunerfrage", Hamburg 1996.
    12. Offizielle Wahlergebnisse 2014. Abgerufen am 7. Juli 2014.
    13. Jacques Leclerc: L'État belge: Données démolinguistiques, L'aménagement linguistique dans le monde
    14. Leterme ist Belgiens neuer Regierungschef. In: Spiegel Online. 20. März 2008, abgerufen am 10. Dezember 2014.
    15. Voltallige regering biedt haar ontslag aan, VRT Nieuws, 19. Dezember 2008 (Memento vom 20. Dezember 2008 im Internet Archive)
    16. Lalibre.be: Yves Leterme nommé Premier ministre (25. November 2009) (frz.)
    17. Leterme gaat ontslag regering aanbieden (Memento vom 25. April 2010 im Internet Archive), VRT Nieuws, 22. April 2010
    18. Elio Di Rupo a été nommé Premier ministre, le gouvernement est dévoilé, rtbf.be, 6. Dezember 2011.
    19. Albert II. dankt ab. In: Spiegel Online. 3. Juli 2013, abgerufen am 10. Dezember 2014.
    20. [1]
    21. ec.europa.eu
    22. a b Eurostat, Bereitstellung der Daten zu Defizit und Verschuldung 2009 (PDF; 437 kB)
    23. Ratingagentur S&P wertet Belgien auf „AA“ ab. derstandard.at, 25. November 2011, abgerufen am 21. Januar 2012.
    24. Der Fischer Weltalmanach 2010. Zahlen Daten Fakten. Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4.
    25. Aus: „«Voyageurs» (plus proche de l’anglais Travellers) est utilisé en Belgique et en Suisse.“ (Memento vom 19. Dezember 2009 im Internet Archive)
    26. Centre de Médiation des Gens du Voyage et des Roms en Wallonie: "Présentation".
    27. vzw Alert. Pastoraal voor Voyageurs, Manoesjen, Roms en Roma (Memento vom 8. Februar 2009 im Internet Archive)
    28. LES GENS DU VOYAGE EN WALLONIE (Memento vom 12. Januar 2007 im Internet Archive) (S. 5) übersetzt: „Die Reisenden (auch Jenische genannt, insbesondere, wenn sie aus dem Rheinland, aus Lothringen oder dem Elsaß stammen), bilden sehr zusammengesetzte Gruppen von Familien, die aus der europäischen Gesellschaft stammen und unterschiedlich enge Verbindungen mit den Zigeunern unterhalten. In unseren Regionen wie in Frankreich kann die Nähe zwischen den Gruppen so stark sein, dass es unnütz ist, sie zu trennen.“
    29. Le stationnement des gens du voyage. senat.fr, abgerufen am 16. November 2011.
    30. a b c d e f g BuG 155 – Bericht uit het Gewisse – 01 januari 2012. npdata.be, 1. Januar 2012.
    31. BuG 159 – Bericht uit het Gewisse – 7 mei 2012. npdata.be, 7. Mai 2012.
    32. a b Voor het eerst meer Marokkaanse dan Italiaanse migranten. hbvl.be. 21 May 2007
    33. Google-Version für Belgien
    34. www.npdata.be
    35. www.rsi-eupen.be
    36. Eurostat News Release
    37. www.stromvergleich.de
    38. Wachstumsrate des realen BIP
    39. Haupttabellen, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen einschließlich des BIP: 2010
    40. Inflationsrate des Jahresdurchschnitts
    41. Entwicklung des Außenhandels von Belgien: gtai 2012, siehe: Wirtschaftsdaten kompakt (PDF; 208 kB)
    42. Zur RER Brüssel
    43. Weltfilmproduktionsbericht (Auszug) (Memento vom 6. Juli 2011 im Internet Archive), Screen Digest, Juni 2006, S. 205–207 (eingesehen am 15. Juni 2007)

    Koordinaten: 51° N, 5° O