Lothar Emmerich

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Lothar Emmerich
Emmerich im März 1966 für die deutsche Nationalmannschaft
im Spiel gegen die Niederlande
Personalia
Geburtstag 29. November 1941
Geburtsort DortmundDeutschland
Sterbedatum 13. August 2003
Sterbeort HemerDeutschland
Größe 184 cm
Position Stürmer
Junioren
Jahre Station
1951–1960 Dorstfelder SC 09
Herren
Jahre Station Spiele (Tore)1
1960 Dorstfelder SC 09
1960–1969 Borussia Dortmund 215 (126)
1969–1972 K. Beerschot VAV 68 0(42)
1972–1974 Austria Klagenfurt 58 0(41)
1974–1976 FC Schweinfurt 05 64 0(37)
1976–1977 Würzburger FV 42 0(25)
1977–1978 Würzburger Kickers 25 00(9)
1978 BV Stift Quernheim
1978–1979 SV Neckargerach 20 00(7)
1979–1981 FVgg. Kastel 06
Nationalmannschaft
Jahre Auswahl Spiele (Tore)
1966 Deutschland 5 00(2)
Stationen als Trainer
Jahre Station
1977–1978 Würzburger Kickers (Spielertrainer)
1978 BV Stift Quernheim (Spielertrainer)
1979–1981 FVgg. Kastel 06 (Spielertrainer)
1981–1982 SpVgg Bayreuth
1983–1984 1. FSV Mainz 05
1986 SSV Reutlingen 05
1986–1987 Eintracht Bad Kreuznach
1987–1988 Olympia Bocholt
1988–1990 KSV Klein-Karben
1991–1992 SV Spabrücken
1992–1996 SC Idar-Oberstein
1996–1997 SG Weinsheim
1997–1999 TuS Kirschweiler
1 Angegeben sind nur Ligaspiele.

Lothar „Emma“ Emmerich (* 29. November 1941 in Dortmund-Dorstfeld; † 13. August 2003 in Hemer) war ein deutscher Fußballspieler. In der Fußball-Bundesliga erzielte er 115 Tore bei 183 Einsätzen, dies ist die drittbeste Quote aller Top-50-Torjäger. Von 1960/61 bis 1977/78 werden für den Angreifer mit der „linken Klebe“ bei den Vereinen Borussia Dortmund, K. Beerschot VAV, SK Austria Klagenfurt, 1. FC Schweinfurt 05, Würzburger FV 04 und Würzburger Kickers insgesamt 279 Tore in Meisterschaftsspielen aufgelistet.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor seiner Fußballkarriere absolvierte Emmerich eine Ausbildung als Kraftfahrzeugmechaniker.[2]

Karriere als Fußballer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfänge in Dorstfeld[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Emmerichs Karriere begann beim SC Dorstfeld im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld. Dort bestritt er im Frühsommer 1960 sein erstes Spiel für die Herrenmannschaft des Vereins gegen den Lüner SV auf der Kampfbahn Schwansbell. Zufälligerweise erschien dort der damalige Trainer von Borussia Dortmund, Max Merkel, da er einen Verteidiger von Lünen als möglichen Ersatz für den verletzten Herbert Sandmann in Erwägung zog. Dessen Gegenspieler war allerdings Lothar Emmerich, der beim 4:0-Sieg Dorstfelds alle Tore erzielte. Merkel war von Emmerichs Leistung begeistert und nahm ihn, an Stelle von Lünens Verteidiger, bei Borussia Dortmund unter Vertrag.[3]

Oberliga und Bundesliga[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Teil der BVB-Gewinnermannschaft des Europapokals 1966 bekam Lothar Emmerich im Jahre 2010 einen Stern auf dem BVB Walk of Fame

Für Dortmund absolvierte Emmerich in drei Spielzeiten 32 Einsätze in der Oberliga West und erzielte dabei elf Tore.[4] 1963 wurde er in der letzten Saison vor Einführung der Bundesliga mit dem BVB Deutscher Meister, ohne in den Endrundenspielen zum Einsatz zu kommen.

1965 gewann Emmerich, dem in der abgelaufenen Saison 14 Treffer gelungen waren, mit Dortmund den DFB-Pokal durch ein 2:0 gegen Alemannia Aachen; Emmerich erzielte den zweiten Treffer für den BVB. In der darauf folgenden Saison trat die Mannschaft daher im Europapokal der Pokalsieger an. Emmerich erzielte im Laufe des Wettbewerbs 14 Tore (darunter vier Tore gegen Titelverteidiger West Ham United in den Halbfinalspielen); dies ist die Rekordmarke in der Geschichte des Wettbewerbs. Im Finale setzte sich Dortmund mit 2:1 nach Verlängerung gegen den FC Liverpool durch und holte somit als erste deutsche Mannschaft den Titel in diesem Wettbewerb. Im Jahre 1966 wurde er zusammen mit der Mannschaft des BVB mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet.[5]

Auch persönlich bildeten die mittleren 1960er-Jahre Emmerichs sportlichen Höhepunkt: 1966 wurde er mit 31 Toren Torschützenkönig der Fußball-Bundesliga, 1967 teilte er sich den Titel mit Gerd Müller (jeweils 28 Tore). Einer der Gründe für Emmerichs Torgefährlichkeit war das harmonische Zusammenspiel mit Sigfried Held, der 1965 nach Dortmund gewechselt war. Beide Spieler gingen als die Terrible Twins in die Fußballgeschichte ein.

Emmerich blieb bis 1969 bei der Borussia. Nach dieser Saison wechselte er zum belgischen Erstligisten K. Beerschot VAV.

Zudem gilt Emmerich noch immer als einer der fairsten Bundesligaspieler überhaupt, da er während seiner Karriere nie verwarnt wurde.

Nationalmannschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lothar Emmerich (rechts) köpft beim Freundschaftsspiel gegen die Niederlande zum zwischenzeitlichen 0:2 für West-Deutschland, 23. März 1966. Die Niederlande wurde in Rotterdam mit 2:4 besiegt

Bei der WM 1966 wurde er mit der deutschen Fußballnationalmannschaft Vizeweltmeister. Nachdem Albert Brülls sich im zweiten Spiel verletzt hatte, wurde ab dem dritten Gruppenspiel gegen Spanien Emmerich eingesetzt. Bei diesem Spiel schoss Emma als Linksfuß ein Tor aus spitzem Winkel zum 1:1-Ausgleich, was ihm den Spitznamen Emma mit der linken Klebe einbrachte. Er blieb auch bis zum Finale in der Mannschaft, obwohl Brülls da wieder zur Verfügung stand. Insgesamt bestritt Emmerich neben den vier Einsätzen bei der WM nur ein weiteres Spiel für die Nationalmannschaft.[6]

Im Ausland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drei erfolgreichen und turbulenten Jahren in Belgien beim K. Beerschot VAC, wo er 1969/70 Torschützenkönig der belgischen Liga und einmal vor einem Stadtderby sogar entführt wurde, folgte die überraschende Verpflichtung durch den österreichischen Erstligaklub Austria Klagenfurt, welche erst durch die finanzielle Unterstützung des Kärntner Großindustriellen Adolf Funder möglich geworden war. Emma avancierte bald zu einem der Topstars in der österreichischen Nationalliga. 1972/73 wurde er mit 20 Toren hinter Wolfgang Breuer vom SSW Innsbruck, der 22 Tore schoss, Zweiter der Torschützenliste in Österreich, 1973/74 mit 21 Toren wiederum Zweiter hinter Hans Krankl, der 36 Tore erzielte, wobei Austria Klagenfurt stets im Abstiegskampf verwickelt war, Emmerichs Konkurrenten jedoch bei den Spitzenklubs spielten.

Nach diesen überaus erfolgreichen Auslandsengagements gab er sein Comeback im deutschen Profifußball beim 1. FC Schweinfurt 05, dann FV Würzburg 04 und den Würzburger Kickers in der Zweiten Liga Süd.

Erfolge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vereinsmannschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nationalmannschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Torschützenkönig[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Fußballkarriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Fußballkarriere strebte Emmerich zum Amt des Trainers und begann als Spielertrainer in Stift Quernheim.[7] Hier wurde er allerdings nicht heimisch. Trainerstationen in Mainz, Reutlingen und Bayreuth folgten. Später lebte Emmerich in Bad Kreuznach und Idar-Oberstein. Er arbeitete u. a. als Kanalinspekteur. 1991 wurde er Trainer vom SV Spabrücken und wurde ungeschlagen Meister der Landesliga West. Anschließend zog es ihn zum SC Idar-Oberstein. Er erreichte auch dort den Aufstieg von der Landesliga in die Verbandsliga und später weiter in die Oberliga. In der Saison 1996/97 trainierte Emmerich den Bezirksligisten SG Weinsheim. Danach trainierte er den TuS Kirschweiler in der Landesliga bis 1999, um dann zu Borussia Dortmund zurückzukehren, wo er bis zu seinem Tod zusammen mit Aki Schmidt als Fanbeauftragter fungierte.

Lothar Emmerich starb im Alter von 61 Jahren in der Lungenklinik Hemer an Lungenkrebs. Er wurde auf dem Bezirksfriedhof in Marten bestattet.[8]

Nach Emmerichs Spitznamen Emma wurde auch das Maskottchen des BVB, eine Biene, mit dem Namen Emma benannt.[9]

Sprüche und Anekdoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mit dem Ausruf „Gib mich die Kirsche!“ forderte er von seinen Mitspielern den Ball.[10]
  • Er verzückte seine Fans stets mit einem für 1960er und 1970er Jahre durchaus ungewöhnlichen, ausgelassenen Torjubel. Berühmt war er dabei für sein in Cowboy-Manier geschwungenes „Lasso“.
  • Lothar Emmerich kommentierte gegenüber den Journalisten 1966 im Villa Park in Birmingham sein Tor im Weltmeisterschaftsspiel gegen die Nationalmannschaft von Spanien: „Ich habe nicht einfach draufgeknallt, sondern instinktiv die Lage gepeilt und den richtigen Winkel gewählt.“ Zeit seines Lebens wurde er immer wieder auf dieses „Geistertor“ angesprochen.[11]

Belgien:

  • 1969 verließ Emmerich die deutsche Bundesliga und kickte drei Jahre lang erfolgreich für den AC Beerschot Antwerpen.
  • Nach einem Gerücht geriet er vor einem Spiel 1970 gegen den Stadtrivalen Royal Antwerpen in die Hände von Kidnappern. Erst 24 Stunden nach der Partie wurde er wieder freigelassen. Wohin und von wem er entführt wurde, ist bis heute ungeklärt. Nur bei einer Sache war sich der Vize-Weltmeister ganz sicher: „Die wollten nicht, dass ich spiele. Bis zu meiner Freilassung wurde ein Großteil meiner Wünsche erfüllt.“

Wahr ist jedoch, dass Emmerich bei 3 von 4 Duellen gegen Royal auf dem Platz stand und bei der anderen Partie verletzt war. 1969/70 spielte Royal Antwerpen in der 2. Liga.

Österreich:

  • Kurt Messner, ein Jahr lang Emmerichs Mannschaftskollege bei Austria Klagenfurt, spricht heute noch in höchsten Tönen über den Deutschen: „Da habe ich zum ersten Mal gesehen, was ein Profi ist“, betonte der spätere Erfolgstrainer, und weiter: „Emmerich hat nur den Erfolg gesucht, ist Vorbild im Training und im Spiel gewesen. Ich habe von ihm viel profitiert.“
  • Als der Austria-Klagenfurt-Trainer Freddy Hohenberger wegen Regens statt des Trainings eine taktische Besprechung angesetzt hatte, sagte Emmerich: „Da kann ich ja gleich nach Hause gehen“.
  • „Der watschelt ja wie Dagobert Duck“ ulkte seinerzeit Lothar Emmerich beim ersten Training in Klagenfurt über Klasse-Verteidiger Walter Koch. Der Spitznamen „Dago“ ist dem damaligen Kickertalent und späteren österreichischen Bundesligaspieler geblieben.[12]

Seine Krankheit:[13]

  • Die Diagnose Lungenkrebs schockte Lothar Emmerich nur kurz: „Es kam mir so vor, als würde ich in der 89. Minute vor 100 000 Zuschauern den Ball auf mich zufliegen sehen – und plötzlich haut mir der gegnerische Keeper voll einen auf die Zwiebel. Alles um mich herum brach zusammen. Totaler Knockout.“ Dann nahm er den Kampf gegen den „verfluchten Krebs“ auf.
  • Über seine schwere Erkrankung: „Ich habe mich noch nie unterkriegen lassen und alle Chancen, wieder ganz gesund zu werden. Ihr kennt doch Emma – der war immer ein Kämpfer.“
  • Über seinen durch zahlreiche Chemotherapien verursachten Kahlschädel sagte er: „Ich trage jetzt eine moderne Glatze. Dafür werde ich auf dem Kopf schön braun, wenn die Sonne scheint.“

Rückblick:

  • Sein Kindheitstraum – „Ich wollte einmal in schwarz-gelb (Borussia Dortmund) und einmal in schwarz-weiß (Nationalmannschaft) spielen“ – hat sich erfüllt.[13]
  • „Ich habe nie lange gefackelt, die Kartoffel immer sofort auf die Bude geballert.“[13]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rolf Dennemark: Legenden in Schwarz und Gelb • Band 1. 1. Auflage. powerplay verlag GmbH, Berlin 2001, ISBN 3-9804611-7-3.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Lothar Emmerich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walter Grüber: Fußball-Torjägerstatistik Deutschland. Books on Demand GmbH. Norderstedt 2011. ISBN 978-3-8448-6248-5. S. 201
  2. Hinweis in: Echt-Das Europapokalmagazin. Sonderheft 7 vom 5. März 2013, S. 39
  3. Rolf Dennemark: Legenden in Schwarz und Gelb • Band 1 Berlin, ISBN 3-9804611-7-3.
  4. Matthias Arnhold: Lothar Emmerich – Matches and Goals in Bundesliga. Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation, 2. September 2015, abgerufen am 8. September 2015.
  5. BT-Drucksache 7/1040, Seite 59, abgerufen am 8. Februar 2017 (pdf)
  6. Matthias Arnhold: Lothar Emmerich – Goals in International Matches. Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation, 2. September 2015, abgerufen am 8. September 2015.
  7. Elsestifte – Informationen für Kirchlengern, Ausgabe 18, September 2011, S. 8, PDF-Datei 18,2 MB (Memento vom 24. Dezember 2013 im Internet Archive)
  8. knerger.de: Das Grab von Lothar Emmerich
  9. Riesenansturm des BVB Kids Club – Ruhrnachrichten vom 16. April 2010, abgerufen am 22. Dezember 2013
  10. Udo Muras: 50 Jahre, 50 Gesichter: "Gib mich die Kirsche!" DFB, 2012, abgerufen am 8. März 2024.
  11. Peter Heß: Deutschland gegen Spanien: Ein Wundertor von Emmerich. In: FAZ.NET. 7. Juli 2010, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 8. März 2024]).
  12. Serie: Warum Koch zu „Dago“ wurde - News - SK Austria Klagenfurt - Vereinshomepage. Abgerufen am 8. März 2024.
  13. a b c Marcus Lotter: "Emma" hat den schwersten Kampf verloren - WELT. Die Welt, 2003, abgerufen am 8. März 2024.